Rees Zugunglück: Wie sicher ist der Bahnübergang?

Nach dem tödlichen Unfall von Millingen stellt sich die Frage nach der Sicherheit der Bahnübergänge. Die 41-jährige Frau, die am Montagabend von einem Zug erfasst wurde, hatte die geschlossene Schranke umlaufen.

Den Einsatzkräften bot sich am Montagabend ein schreckliches Bild am Millinger Bahnübergang. Wie berichtet, war gegen 19.45 Uhr eine 41-jährige Frau von einem durchfahrenden Zug, der von Emmerich Richtung Wesel unterwegs war, erfasst worden. Sie hatte die geschlossene Schranken umlaufen, um so den Bahnübergang überqueren zu können. Der Lokführer (44) hatte zwar noch eine Notbremsung eingeleitet, jedoch keine Chance mehr, den Unfall zu vermeiden. Er stand ebenso unter Schock, wie Zeugen, die das Unglück mitansahen. Sie und der Lokführer wurden vor Ort von Opferschützern der Polizei und Notfallseelsorgern betreut.

Frau hat Musik gehört

Mittlerweile ist auch klarer, wie sich der Unfall überhaupt ereignen konnte. Die Frau, deren Identität inzwischen fest steht, war joggen gewesen. Die 41-Jährige war aus Richtung Dorfmitte gekommen und umlief dann bei Regen und Dunkelheit ­ die geschlossene Dreiviertelschranke. "Die Frau hatte offenbar während des Joggens Musik über Kopfhörer gehört. Sie trug zudem eine Mütze. Dadurch könnte ihre Wahrnehmung eingeschränkt gewesen sein”, vermutet Polizeisprecher Manfred Jacobi.

Ein weiterer Punkt, der die Frau dazu verleitet haben könnte, nicht auf das Hochgehen der Schranken zu warten: Unmittelbar vor dem Unglück war gerade ein Zug aus dem Millinger Bahnhof Richtung Emmerich losgefahren. Möglicherweise rechnete die Frau nicht mehr mit einem weiteren Zug.

Der Regionalexpress, der die Frau dann erfasste, kam aus Emmerich und wäre durch den Millinger Bahnhof durchgefahren. "Aus dieser Richtung sind die Züge schlecht zu erkennen, weil sie aus einer Kurve und mit einer hohen Geschwindigkeit ankommen. Auch das wird oft unterschätzt”, so Jacobi.

Lange Schließzeiten

Das Unglück vom Montagabend rückt jetzt auch wieder die Frage nach der Sicherheit der Bahnübergänge in den Blickpunkt. Immer wieder wird kritisiert, dass überhaupt die Möglichkeit besteht, sie bei geschlossener Schranke zu überqueren. Gerade aus Millingen, aber auch aus anderen Ortsteilen, wird häufiger berichtet, dass die oftmals relativ langen Schließzeiten Wartende dazu verleiten, einfach loszulaufen oder zu fahren.

Erst im Januar hatte der Reeser SPD-Chef Harry Schulz darauf hingewiesen, dass laut Eisenbahn-Betriebsordnung die Schließzeiten von Halbschranken 240 Sekunden nicht überschreiten dürfen. Doch oftmals seien sie viel länger unten.

Im September vergangenen Jahres hatte es eine Überprüfung der Schließzeiten am Bahnübergang Millingen gegeben. Das Ergebnis ist bedenklich: In der kontrollierten Stunde waren die Schranken 26 Minuten unten. Die Stadtverwaltung hatte die Forderung, die vorgeschriebenen Schließzeiten einzuhalten, daraufhin an das Eisenbahnbundesamt weitergeleitet.

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