"Anti-Kohle-Kette" 6000 Menschen demonstrieren in Erkelenz

Garzweiler · Tausende Menschen haben am Samstag mit einer "Anti-Kohle-Kette" für konsequenten Klimaschutz demonstriert. Es ist die größte Demonstration, die das Rheinische Braunkohlerevier jemals gesehen hat. Der Erkelenzer Bürgermeister dankte den Menschen "für dieses Zeichen nach Düsseldorf und Berlin". Ausschreitungen gab es laut Polizei keine.

Garzweiler: Anti-Kohle-Kette
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Größte Menschenkette gegen Tagebau im Rheinland

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Foto: Jürgen Laaser

Um 14 Uhr war in Erkelenz die Menschenkette am Braunkohlentagebau Garzweiler II geschlossen. Als Signal dafür stiegen am südlichen Ende der "Anti-Kohle-Kette" bei Jackerath mehrere Hundert schwarze Luftballons in den Himmel auf. Von 6000 Teilnehmern aus ganz Deutschland, Polen, Belgien, den Niederlanden, Luxemburg, Norwegen und weiteren Ländern berichteten kurz darauf die Organisatoren der Menschenkette, die zufrieden waren, die 7,5 Kilometer lange Distanz zwischen den Dörfern Keyenberg und Immerath — beide sollen in den nächsten Jahren für den Tagebau weichen — tatsächlich geschafft zu haben. Gerechnet hatten die Organisatoren, unter anderem der BUND und die Klima-Allianz Deutschland, mit 5000 Teilnehmern.

So viele Demonstranten wie nie

Demonstriert worden war für einen schrittweisen Kohleausstieg und konsequenten Klimaschutz. Die Demonstranten setzten mit der geschlossenen "Anti-Kohle-Kette" den Baggern von RWE eine symbolische Grenze, die ab 13 Uhr parallel zur Autobahn 61 verlief. Die Kette sei ein deutliches Zeichen, dass ein großer Teil der Bevölkerung den schrittweisen und sozialverträglichen Ausstieg aus der Kohle befürworte, um das nationale Klimaziel von mindestens 40 Prozent weniger CO2 bis 2020 zu erreichen, so die Veranstalter, deren Pressesprecher zu Beginn der Schlusskundgebung um 15 Uhr erklärte: "Es war tatsächlich die erhoffte größte Demonstration, die das Rheinische Braunkohlerevier jemals gesehen hat." In den 1980er Jahren waren einmal rund 4500 Menschen zu einer Fackelkette gekommen, um gegen den Braunkohlenabbau in der Region zwischen Grevenbroich, Jüchen und Erkelenz zu demonstrieren.

Menschenkette gegen Braunkohletagebau in Garzweiler
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Menschenkette gegen Braunkohletagebau in Garzweiler

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Foto: dpa, obe cul

Zusammengefunden hatte sich heute in Erkelenz ein buntes Spektrum an Demonstranten. Alle Altersstufen und Herkünfte, sogar Teilnehmer aus Irland und Australien wurden gesehen, waren vertreten - neben den Menschen aus Erkelenz und Teilnehmern aus dem zweiten deutschen Braunkohleabbaugebiet, der Lausitz. Etwa die Hälfte der Teilnehmer an der Menschenkette fand sich ab 15 Uhr noch in Immerath zur Schlusskundgebung ein, wo der Erkelenzer Bürgermeister Peter Jansen sein Grußwort in ein Dankeswort umwandelte: "Erkelenz ist mit 45000 Einwohnern eine kleinere Stadt. Deshalb war es umso wichtiger, dass so viele Menschen zur Unterstützung nach Erkelenz gekommen sind — während man in Düsseldorf zu feige ist, hierher zu kommen. Gebt dieses Zeichen nach Düsseldorf und Berlin weiter, dass wir in Erkelenz nicht allein sind."

Keine Zukunft für "Steinzeit-Technologie"?

Chris Methmann, Campact-Campaigner: "Die große Mehrheit im Lande will den Kohleausstieg. Merkel und Gabriel dürfen sich im Streit mit der Kohlelobby auf keine faulen Kompromisse einlassen. Sie müssen die klimaschädlichsten Kohlemeiler endlich vom Netz nehmen. Die Zukunft gehört nicht einer Steinzeit-Technologie, sondern Sonnen- und Windenergie."

Für Hubert Weiger, den Vorsitzenden des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), senden die Anti-Kohle-Proteste deutliche Signale an die Bundesregierung: "Die Kohleverstromung ist nicht zukunftsfähig, sie ist ein Auslaufmodell. Der von Gabriel verlangte Klimabeitrag der Braunkohle muss ohne Abstriche kommen, sonst steht Kanzlerin Merkel beim G7-Gipfel und der Weltklimakonferenz mit leeren Händen da. Viel zu hohe CO2-Emissionen aus alten Kohlemeilern und Klimaschutz passen nicht zusammen."

Christoph Bals, Sprecher der Klima-Allianz und politischer Direktor von Germanwatch: "Ohne ein politisches Instrument, das den Strom aus alten Braunkohlekraftwerken begrenzt, wird G7-Präsidentin Kanzlerin Merkel in der internationalen Klimadebatte zur lahmen Ente."

Susanne Neubronner, Energieexpertin von Greenpeace sagt mit Blick auf die heute stattfindenden Gewerkschaftsproteste in Berlin: "Das Ende der Braunkohle ist längst besiegelt. Doch die Gewerkschaftsbosse versuchen diese Tatsache immer noch zu vertuschen. Das Untergangsgeheul von RWE, Vattenfall und Co. lenkt nur den Blick von dem dringend nötigen Strukturwandel ab, den Politik und Kohlekonzerne einfach verschlafen haben."

"Die 'Anti-Kohle-Kette' hat einen ruhigen, vernünftigen Verlauf genommen", teilte der Kreis Heinsberger Polizeisprecher Karl-Heinz Frenken unserer Redaktion mit. "Bisher hat es keine größeren Probleme gegeben."

Initiiert wurde die Menschenkette vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der BUNDjugend, Campact, Greenpeace, der Klima-Allianz Deutschland, dem Naturschutzbund Deutschland (NABU) sowie der Bürgerinitiative "Stop Rheinbraun". Zahlreiche weitere Organisationen unterstützen die Demonstration.

(spe)
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