Erkelenz Auch St. Martinus ist nun entwidmet

Erkelenz · Nach St. Lambertus in Immerath ist es die Kirche St. Martinus in Borschemich (alt), in der das Profanierungsdekret des Aachener Bischofs Heinrich Mussinghoff verlesen werden musste. Tränen begleiteten das Löschen des Ewigen Lichts.

St. Martinus: Kirche in Alt-Borschemich ist entwidmet
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St. Martinus: Kirche in Alt-Borschemich ist entwidmet

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Foto: Renate Resch-Rüffer

Es schien, als würden die Glocken im Turm von St. Martinus den vergeblichen Kampf gegen den Riesen einsam fortsetzen wollen, der sich schon in Sichtweite übermächtig auftürmt. 16.40 Uhr am Sonntag. Domkapitular Pfarrer Rolf Peter Cremer vom Bischöflichen Generalvikariat Aachen hat gerade das am 7. November 2014 von Bischof Heinrich Mussinghoff unterzeichnete Profanierungsdekret verlesen und danach das Ewige Licht gelöscht - St. Martinus ist offiziell entwidmet und verliert damit seinen Weihe- und Segnungsstatus. Nur die Glocken, sie läuten zu diesem Zeitpunkt unaufhörlich weiter und lösen die minutenlange Stille, die sich in der Kirche ausgebreitet hat. Der Riese, das ist übrigens der Schaufelradbagger, der auch Borschemich im Erkelenzer Osten im Zuge des Braunkohlentagebaus Garzweiler II von der Landkarte verschwinden lassen wird.

St. Martinus in Borschemich (alt) ist nach St. Lambertus in Immerath (alt) die zweite katholische Kirche, die auf dem Stadtgebiet Erkelenz profaniert worden ist. Erwartet groß war die Resonanz auf die Entwidmungsfeier. Unzählige Autos hatten die Straßen des sterbenden Ortes zugeparkt, und noch mehr Menschen hatten sich auf den Weg nach Borschemich (alt) gemacht und den Ort wieder mit so etwas wie Leben erfüllt. Dieses eindrucksvolle Bild hat es in Borschemich Jahre nicht mehr gegeben.

Das ist die Kirche St. Martinus in Borschemich
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Das ist die Kirche St. Martinus in Borschemich

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Wie Pfarrer Werner Rombach zu Beginn der Eucharistiefeier sagte, "geht in unserem Land das Allgemein- vor Eigenwohl. Für Borschemich bedeutet dies eine große Enttäuschung der Gemeinde". Dabei wies er auf die beiden Körbe hin, die vor dem Altar, auf dem weiße Rosen standen, aufgestellt waren. Darin lagen Erinnerungssteine, die die Borschemicher Kapellengemeinde in Zukunft an ihre Martinuskirche erinnern soll.

Die Predigt übernahm nicht Hauptzelebrant Rombach selbst, statt dessen ließ er 14 Borschemicher aller Altersstufen zu Wort kommen. Sie schilderten, was sie persönlich mit der Kirche St. Martinus verbindet. Selbst die ganz jungen Borschemicher, die als Ministranten ihren Dienst am Altar versehen, haben bereits einen Sinn für Heimat entwickelt. Zwar fühle man sich schon wohl in der Erkelenzer Ministrantengemeinschaft, doch seien sie eben "die Borschemicher" unter den Messdienern.

Eine Oma erinnerte sich an die Taufe des Enkels, es war eine der letzten Taufen, die in St. Martinus gefeiert wurden. Oder Hans-Jürgen Goebels und Gertrude Hurtz, die im Zuge des Priestermangels das Modell des Wortgottesdienstes in der Kirche erfolgreich vorangebracht haben. Oder Hans-Willi Schulte, der Brudermeister der St. Martinus-Schützenbruderschaft - ihm stockte die Stimme, als er sich an den Himmelfahrtstag 2011 zurückerinnerte, als die Borschemicher in einer Prozession die Heimaterde von Borschemich (alt) nach Borschemich (neu) trugen. Sei die Profanierung nun schon schlimm genug, werde aber der Tag des Abrisses des Kirchengebäudes eine weitere sehr schmerzliche Stunde in den Herzen der Gläubigen sein, so die Borschemicher. Sicher sei man sich aber jetzt schon, dass die Kapelle am neuen Ort mit viel Leben gefüllt werden solle.

Die musikalische Gestaltung der letzten Eucharistiefeier in St. Martinus übernahm der Chor "Amaryllis".

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