Unsere Orgellandschaft Folge 1 Auf der Empore der Keyenberger Kirche
Erkelenz · Kantor Stefan Emanuel Knauer verwaltet in der Pfarrei Christkönig 21 Orgeln. Jedes Instrument ist ein Unikat mit individuellen Merkmalen. In unregelmäßiger Folge stellt die RP eine Auswahl vor - heute die Stahlhuth-Orgel in der Heilig-Kreuz-Kirche.
Keyenberg In der Romantik sollten Orgeln klingen wie ein Orchester. Davon erzählt auch die Stahlhuth-Orgel, die ihren Platz in der Kirche Heilig Kreuz hat. Gebaut wurde die Keyenberger "Königin der Instrumente" 1886 von dem seinerzeit bekannten Orgelbauer Georg Stahlhuth. Zurzeit führt sie einen Dornröschenschlaf, doch in der Fachwelt ist sie bekannt und ein Magnet für Orgelbauer. Denn allen Modeerscheinungen zum Trotz ist diese romantische Orgel in wesentlichen Belangen im Originalzustand erhalten.
Bedauerlich ist allerdings, dass die zinnernen Prospektpfeifen im Ersten Weltkrieg wegen ihres Materialwertes gegen einen minderwertigen Ersatz ausgetauscht wurden. Dadurch ist der Klang dumpfer als vor dem Krieg. Neu ist auch die Tastatur der beiden Manuale. Ansonsten wurden zwei Register "gerückt" bei Beibehaltung der Originalpfeifen. Eine Wiederherstellung in den Originalzustand wäre hier problemlos möglich. Als Grund für die Modulation der beiden Register und die damit einhergehende Klangveränderung nennt Christkönig-Kantor Stefan Emanuel Knauer den Zeitgeschmack. "Die Quinte 2 ²/3 wurde wahrscheinlich als zu hell empfunden und in der Spätromantik gegen ein tieferes Register ausgetauscht", erklärt der Fachmann. Ansonsten widerstand die Orgel der Mode, wie zum Beispiel einer Rückbesinnung auf die charakteristischen Merkmale der Barockorgel nach dem Zweiten Weltkrieg. Das mag an mangelndem Geld gelegen haben oder geschah im Bewusstsein um den Wert des Instrumentes. Spieltechnisch ist die Stahlhuth-Orgel für Kompositionen angelegt, die in der Romantik beheimatet sind.
Die optisch schönste Seite mit Schnitzereien ist dem Kirchenschiff zugewandt. Doch, um den Blick auf das Kirchenfenster oberhalb der Empore frei zu halten, wurde das Instrument nach der Erweiterung des Kirchenschiffes vor mehr als 100 Jahren nach rechts gerückt. "Axial aufgestellt, könnte die Orgel die Kirche besser beschallen. So wird an der Außenseite auch teilweise gegen die Wand gespielt", stellt der Kantor bedauernd fest.
Die Stahlhuth-Orgel hat 19 Register, die zum Beispiel verschiedene Flöten und Streichinstrumente imitieren sowie dynamisch von leise bis laut gemischt werden können. Das Register der "Harmonieflöte" etwa ähnelt klanglich der Querflöte. Als Hauptmerkmal der romantischen Orgel nennt Knauer die Grundstimmen im 16- und Acht-Fußbereich der Register. "Der Acht-Fußbereich ist die Äquallage, in der die Kirchenbesucher singen. Der Vier-Fußbereich ist eine Oktave höher. Mit vielen dynamisch differenzierten Acht-Fuß-Schattierungen sollte die Seele angerührt werden", erklärt der Organist. Während er bei einem Vorspiel nach und nach die Register zieht, verweist Knauer auf "ein relativ organisches Crescendo durch viele Grundstimmen". Die Tutti, also die voll orchestrierten Passagen, sind bei dieser Orgel nicht hell und scharf wie im Barock, sondern von einem warmen, voluminösen Klang.
Einen erklärten Liebling unter den Instrumenten in seiner Obhut möchte Knauer nicht nennen. Stattdessen begeistert sich der Kantor der Erkelenzer Christkönig-Pfarrei: "Jede Orgel hat ihre eigenen Reize. Es macht eine Orgellandschaft aus, dass man Auswahl hat. Da ist es eine Freude, 21 Orgeln zu verwalten."
Zurzeit befindet sich die Keyenberger Orgel in einem schlechten Zustand. Sie müsste restauriert werden. Noch schwerer wiegt ihre ungewisse Zukunft. Die Kirche weicht dem Tagebau. Wo die Orgel dann eine Heimat findet, ist ungewiss.