Erkelenz Berufsbilder in den Köpfen erneuern

Erkelenz · Manchen Branchen fällt es zunehmend schwer, Auszubildende zu finden. Die achte Azubimesse in Erkelenz machte deutlich, dass ein Grund dafür falsche, oft veraltete Berufsvorstellungen sind. Damit räumten die Betriebe gestern auf.

 Sarah Kohnen (l.) informierte über ihre Arbeit beim Finanzamt in Erkelenz. Auf der Azubimesse in der Stadthalle war öfter das Thema, dass manche Berufe teils fehlerhafte, teils überholte Bilder in den Köpfen hervorrufen.

Sarah Kohnen (l.) informierte über ihre Arbeit beim Finanzamt in Erkelenz. Auf der Azubimesse in der Stadthalle war öfter das Thema, dass manche Berufe teils fehlerhafte, teils überholte Bilder in den Köpfen hervorrufen.

Foto: Jürgen Laaser

Die achte Azubimesse in Erkelenz war anders als ihre Vorgängerinnen. Mehrere Branchen, deren Betriebe bisher kaum oder gar nicht vertreten waren, waren gestern in der Stadthalle anzutreffen. "Vor allem das Handwerk ist stärker vertreten. Dessen Betriebe befinden sich aufgrund des Nachwuchs- und Fachkräftemangels zunehmend auf der Suche nach Mitarbeitern", erklärte Sandra Schürger, bei der Stadt Erkelenz für die Wirtschaftsförderung zuständig. So seien vermehrt Gastronomiebetriebe anzutreffen und sei zum Beispiel das Kfz-Handwerk erstmalig auf einer Erkelenzer Azubimesse vertreten.

Warum wählen junge Menschen manche Berufe seltener als andere? Diese Frage treibt die Unternehmer um, denen künftige Auszubildende nicht stapelweise Bewerbungen zuschicken. Dass bei der Jugend möglicherweise fehlerhafte Vorstellungen über die Berufsbilder vorherrschen, ist eine gestern öfter gehörte Antwort der Unternehmen. Und damit erklärt sich, weshalb die achte Azubimesse in Erkelenz anders als ihre Vorgängerinnen war. "Wir hatten die Stände innerhalb ganz weniger Tage ausgebucht", berichtete Sandra Schürger.

"Jugendliche haben die falsche Vorstellung, dass wir nur in Getrieben schrauben", erzählte Marc Heeren, Kundendienstleister bei Bonsels + Weitz aus Erkelenz. Das Autohaus wolle ihnen auf der Messe vermitteln, "dass das nur die eine Hälfte der Arbeit ist und die andere inzwischen aus PC- und Programmiertätigkeiten besteht". Der Fachkräftemangel in der Kfz-Branche werde größer: "Deshalb versuchen wir mit unserer erstmaligen Messeteilnahme, Schüler der Klasse neun für Praktika und für unseren Beruf zu gewinnen."

Fachkräftemangel ist nach Auskunft der Handwerkskammer Aachen auch im Fleischerhandwerk ein zunehmendes Problem. Bestätigt wurde dies von Elena Dircks, Personalreferentin bei Wurstspezialitäten Esser aus Lövenich: "Viele junge Erwachsene haben ein stereotypes Berufsbild, das mit der Realität allerdings längst nichts mehr zu tun hat." Es handele von einem brachialen Beruf mit viel Blut bei der Arbeit. "Viele sehen den Schlachter vor ihrem geistigen Auge", ergänzte Max Esser, "dabei schlachten wir zum Beispiel gar nicht mehr selbst, sondern verarbeiten mit viel Kreativität unsere Produkte." Für Unternehmen mit Nachwuchs- oder Fachkräftemangel sei es umso wichtiger, mit solchen fehlerhaften Bildern aufzuräumen, um neue Mitarbeiter zu gewinnen, erklärte Dircks und sieht Wurstspezialitäten Esser dabei auf dem besten Weg: "Wir haben heute 30 Azubis bei 350 Angestellten, was ich als Erfolgsbilanz ansehe." Und ganz nebenbei führe die Aufklärungsarbeit dazu, "dass sich mittlerweile mehr Jungs für den Verkauf und mehr Mädchen für das Fleischerhandwerk interessieren".

Unwissenheit in anderer Form führt ebenfalls dazu, dass manch eine Ausbildungsstelle nicht gefunden wird. Deshalb ist das Hotel-Restaurant Schwanenhof aus Bellinghoven erstmals zur Azubimesse gekommen, wie Indra Kühn erklärte: "Es ist wenig bekannt, dass wir in Erkelenz ausbilden." Das wolle der Gastronomiebetrieb ändern, dessen Köchin Elke Prott ergänzte: "Wir würden zum Sommer noch einen Koch in Ausbildung nehmen."

(spe)
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