RWE dementiert Garzweiler-Aus Diskussion um Tagebau verunsichert Anwohner

Erkelenz · Berichte um ein vorzeitiges Aus für den umstrittenen Braunkohletagebau Garzweiler hatten am Dienstag für Diskussionen gesorgt. Erkelenz Bürgermeister Peter Jansen forderte klare Aussagen der RWE. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sprach sich für den Tagebau aus.

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Zu den Berichten sagte Jansen: "Die Beendigung des Tagebaus ist sicher eine Prüfvariante, die RWE Power als eine Option von mehreren durchdacht hat. Im Interesse der Umsiedler kann nur sein, dass bald eine klare Aussage durch die Verantwortlichen erfolgt." Für die mehr als 5000 Menschen aus Erkelenz, die schon ihre Heimat aufgeben mussten oder denen das bevorsteht, bedeuteten die Nachrichten eine Planungsungewissheit", sagte Peter Jansen, und "eine zusätzliche emotionale Belastung." "Das verschlimmert alles nur noch", sagte der Bürgermeister.

Der Zeitpunkt für einen Ausstieg aus dem Tagebau Garzweiler II bewertete der Erkelenzer Bürgermeister als günstig: "Jetzt wäre er sicher für uns machbar, da Immerath und Borschemich umgesiedelt sind. Schlimmer wäre ein Stopp während der nächsten tatsächlichen Umsiedlungsphase, wenn der neue Ort bereits anfängt zu entstehen und die alten Orte noch stark bewohnt sind. Dies würde die Ortschaften im wahrsten Sinne zerreißen", prophezeit Jansen für Keyenberg, Kuckum, Berverath, Ober- und Unterwestrich. Am Sonntag erfolgt mit der Entwidmung der Kirche St. Lambertus in Immerath (alt) ein weiterer Schritt der Umsiedlung.

Sollte es RWE mit dem Ende für den Tagebau ernst meinen, der ein gutes Drittel des Erkelenzer Stadtgebietes wegnimmt, sieht Jansen es für dringend an, schnell in die Diskussion über die Tagebaufolgelandschaft und die Tagebaurandsituation einzusteigen. "Natürlich ist dann die Problematik der Finanzierung zu klären. RWE hat hierfür Rückstellungen gebildet. Mir ist jedoch nicht bekannt, inwieweit hier eventuell das Land sich hat dies verbürgen lassen. Letztendlich wäre hier das Land auch gefragt."

Gröhe fordert Festhalten an Planungen

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe fordert den RWE-Konzern auf, an seinen Planungen für den Braunkohle-Abbau festzuhalten. "Es ist gut, dass RWE klar gestellt hat, dass es an seinen Planungen im Revier festhält. Die Bevölkerung hat einen Anspruch auf zuverlässige unternehmerische Planungen", sagte Gröhe unserer Redaktion. "Umgekehrt gilt, dass die Politik in der Pflicht ist, für Zuverlässigkeit bei der Rahmenplanung zu sorgen." Bei RWE gibt es Planspiele, den Ausstieg aus dem Braunkohle-Tagebau in Garzweiler vor dem Jahr 2045 zu beenden. Das Abbaugebiet liegt teilweise in Gröhes Wahlkreis, dem Rhein-Kreis Neuss.

Anwohner sind verunsichert

Die Anwohner des Tagebaus, die oft viele Jahre das Vorrücken der Bagger verfolgen, reagieren verunsichert. Sie verlangen vor allem Klarheit. Das gilt auch für Hans Josef Dederichs. Für den 49-jährigen Hauptkommissar wäre ein vorzeitiges Aus für den Tagebau Garzweiler vor ein paar Jahren wohl noch ein Anlass zum Jubeln gewesen. Der 49 Jahre alte Kommunalpolitiker der Grünen gehörte von Anfang an zu den Gegnern des gigantischen Projekts. Doch heute fällt seine Reaktion auf die jüngsten Spekulationen alles andere als euphorisch aus. Es sei "total unverantwortlich", was da mit den Menschen in der Region gemacht werde, schimpft Dederichs im Gespräch mit dpa.

Dederichs wohnt mit seinem vier Kindern in Erkelenz-Kuckum. Das ist ein Dorf, das schon bald dem Tagebau weichen soll. Er kennt deshalb die Stimmung vor Ort ganz genau. "Wir haben uns jahrelang gewehrt", sagt er. Doch inzwischen hätten sich bestimmt die Hälfte der Leute mit dem Umzug arrangiert und warteten darauf.

Auf Skepsis stießen die Meldungen über ein mögliches vorzeitiges Förderende in Garzweiler II auch bei Dirk Jansen vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Zwar waberten schon seit längerem Gerüchte über ein Ende der Förderung durch die Dörfer im Braunkohlerevier, erzählt er. Doch was nun wirklich daran sei, sei ungewiss: "Es kann sein, dass RWE nur zockt um die Koalitionsverhandlungen in Berlin in seinem Sinne zu beeinflussen."

Verfassungsgericht prüft Zwangsenteignungen

Nach Angaben aus der Konzernspitze prüft RWE, nach 2018 den Abriss weiterer Orte und neue Investitionen in den Ausbau des Reviers zu stoppen, wie es in dem Bericht der "SZ" weiter heißt. Begründet werde dies damit, dass der Betrieb der großen Kraftwerke rund um Garzweiler sich immer seltener rentiere. Das wachsende Angebot von Wind- und Solarenergie lasse die Preise an den Strombörsen so stark fallen, dass Kraftwerke immer seltener am Netz seien. Ein vorzeitiges Aus für den Tagebau Garzweiler dementierte der Konzern jedoch.

Aus Sicht von Analysten spricht außer dem CO2-Risiko wenig für einen Ausstieg. Schließlich laufen die Braunkohleanlagen mit hoher Auslastung. 2012 war eines der besten Braunkohlejahre überhaupt mit fast sechs Prozent Zuwachs. Die 2012 ans Netz genommenen RWE-Braunkohlenkraftwerke im nahen Grevenbroich-Neurath für 2,6 Milliarden Euro sprechen für den Erhalt des Standortes.

(dpa/ape/spe)
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