Erkelenz Eine Kapelle zu Ehren Karls des Großen

Erkelenz · Die Oestricher Kapelle ist Karl dem Großen geweiht. Sie ist womöglich die einzige Kaiser Karl geweihte Kirche. Seit der jüngsten Renovierung befindet sich auf dem Kapellenvorplatz ein Findling. Der Stein erinnert an eine Legende.

 Sie kümmern sich um die Karlskapelle in Oestrich (von links): Hennes Welters, Heinz Küppers und Josef Neußen.

Sie kümmern sich um die Karlskapelle in Oestrich (von links): Hennes Welters, Heinz Küppers und Josef Neußen.

Foto: Jürgen Laaser

In Wien gibt es eine Karlskirche, eine barocke. Ansonsten gibt es im deutschsprachigen Raum nicht allzu viele Karlskirchen — aber eine in Erkelenz, in Oestrich. Sie ist auch eher eine Kapelle, dafür aber wesentlich älter als die Wiener, wobei im Verhältnis der Einwohnerzahlen die Oestricher wiederum größer als die Wiener ist. Vor allem aber: die Oestricher ist Karl dem Großen geweiht — die Wiener dem heiligen Karl Borromäus.

Belegt ist der Bau einer Karlskapelle in Oestrich, damals allerdings weiter in Richtung des heutigen Ziegelweihers, im Jahr 1452 in der Flur "Auf dem Kahler", die heutige steht an der Ecke Oestricher Straße/Karlsweg. Sie ist womöglich sogar die einzige Kaiser Karl geweihte Kirche überhaupt. Denn der war ein Heiliger zweiter Klasse. Für Oestrich gilt das gleiche Datum für die urkundliche Ersterwähnung wie für Erkelenz, nämlich 966, das wiederum in Beziehung zu Aachen steht. Am 17. Januar dieses Jahres wies Kaiser Otto I. dem Aachener Marienmünster, so die offizielle Widmung des Doms, Erkelenz und Oestrich zu. In der Erkelenzer Stadtchronik des Bürgermeisters im 16. Jahrhundert heißt es allerdings irrtümlich: "Der Boden dieser Stadt Erkelenz ist der Aachener Kirche von Karl, dem ersten römischen Kaiser, im Jahre 789 gegeben worden." Oestrich gehörte immer schon zum Kirchspiel Erkelenz. Die Karlstradition in Erkelenz beruht also laut eines Aufsatzes von Dr. Heinrich Schiffers von 1932 offenbar auf einem Irrtum, der aber gepflegt wird. Seit der jüngsten Renovierung der Kapelle befindet sich auf dem Kapellenvorplatz ein Findlingsstein als materieller Ausdruck der Legende, dass Karl der Große sich im Lauf einer Jagd in Oestrich auf einem derartigen Stein ausgeruht haben soll. Das Aachener Münsterstift revanchierte sich für die Spende Ottos I. im Jahr 1417 mit einer Gegenspende in Form von 20 Gulden für ein Chorfenster für die Erkelenzer Kirche, worauf sich die Stadt bedankte: "Wir Bürgermeister, Schöffen und Gemeinde der Stadt und des Kirchspiels von Erkelenz bekennen, dass die ehrbaren andächtigen Herren Dechant und Kapitel der Kirche Unserer Lieben Frauen von Aachen solche 20 Gulden (...) uns allein zur Ehre Gottes und Unserer Lieben Frau vom Himmelreich und des heiligen großen Kaisers Karl (...) gegeben haben...". Möglicherweise, so wird vom Kenner der Erkelenzer Geschichte, E. Paulus, im Jahr 1902 vermutet, war ob des großen Geldbetrags das Geschenk nicht ein einfaches Glasfenster, sondern ein bemaltes Kunststück, das womöglich auch Kaiser Karl zeigte. Im 15. und 16. Jahrhundert erlangten gar zwei Erkelenzer die höchsten geistlichen Würden des Aachener Stifts, das Dechantenamt, Peter und Wimar Wimars von Erkelenz. Im 13. Jahrhundert wirkte Martin von Erkelenz als Priester am Aachener Münster, dessen Eltern laut dem ältesten Aachener Totenbuch Eveze und Heinrich von Kodencoven (Kückhoven) genannt sind.

(isp)
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