Erkelenz Energiepolitik emotional diskutiert

Erkelenz · Drei Kandidaten um das Landtagsmandat für den Wahlkreis Heinsberg II, ein Moderatorenteam und eine hitzige Diskussion um die regionale Energiepolitik – so die Bilanz der ersten Station der "Rheinischen Wahlfahrt" am Dienstag.

Erkelenz: Rheinische Wahlfahrt zum Thema Energiepolitik
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Start der Rheinischen Wahlfahrt in Erkelenz

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Foto: Sabine Kricke

Drei Kandidaten um das Landtagsmandat für den Wahlkreis Heinsberg II, ein Moderatorenteam und eine hitzige Diskussion um die regionale Energiepolitik — so die Bilanz der ersten Station der "Rheinischen Wahlfahrt" am Dienstag.

Vor allem für Grünen-Politiker Hans-Josef Dederichs war die Diskussion mitten auf dem Erkelenzer Marktplatz eine sehr emotionale. Bei der ersten Station der "Rheinischen Wahlfahrt", einer Tour unserer Redaktion durch NRW mit sieben Live-Diskussionen vor der Landtagswahl, drehte sich alles um die Energie-Politik und damit auch den Tagebau Garzweiler. Der Fraktionssprecher der Grünen im Erkelenzer Stadtrat ist von der laufenden Umsiedlung persönlich betroffen.

Neben Dederichs diskutierten am Dienstag in dem umgebauten amerikanischen Wohnwagen die Landtagskandidaten Thomas Schnelle (CDU) und Jürgen Spenrath (AfD) mit Bürgern vor Ort und Nutzern im Internet. Zu jeder Diskussionsrunde der "Rheinischen Wahlfahrt" sind Politiker wechselnder Parteien eingeladen, Vertreter aller großen Parteien* sind bei der Abschlussveranstaltung am 29. April in Düsseldorf dabei. Auf der Facebook-Seite von RP Online wurde die Veranstaltung live übertragen und Fragen der Nutzer direkt vor Ort gestellt. Moderiert wurde die Talkrunde von RP-Lokalredaktionsleiter Andreas Speen und Online-Redakteur Henning Bulka.

Bei der Frage, wie die Energieversorgung in NRW in zehn Jahren aussehen wird, waren sich die Politiker aus dem Erkelenzer Land (Wahlkreis Heinsberg II) nicht einig. Optimistisch zeigte sich Dederichs: "In zehn Jahren wird NRW Energieland Nummer 1 sein, mit erneuerbaren Energien." Schnelle (CDU) glaubt hingegen, dass lediglich die Hälfte der Energie aus regenerativer Gewinnung geschöpft wird. Spenrath (AfD) war bei dieser Frage unentschlossen. "Das ist völlig offen. Wir müssen erst einmal forschen und entwickeln, und danach werden wir einen Energiemix haben", sagte der 60-Jährige.

Elementar war in der Talkrunde die Frage nach dem Preis für (erneuerbare) Energien. Daher wurde von einer Internet-Nutzerin die Frage gestellt, ob der Preis, den die umzusiedelnden Menschen für die insgesamt drei Tagebaue im Rheinischen Revier zahlen müssen, überhaupt zu entlohnen sei. Vor allem für den 52-jährigen Dederichs ein schwieriges Thema: "Ich kann kaum an mich halten, wenn ich das Wort Umsiedlung höre." Mit 15 Jahren habe er in Garzweiler gearbeitet, dem weggebaggerten Ort, nach dem der Tagebau bei Erkelenz benannt ist. Seitdem begleite ihn das Thema. "Das wünsche ich wirklich keinem. Das ist einfach sehr emotional und belastend", berichtete der Polizeibeamte. Damals habe es wegen der Entschädigungen der betroffenen Bürger Streit zwischen Nachbarn und sogar in den Familien gegeben. "RWE hat damals die Leute gegeneinander ausgespielt", so sein Vorwurf. An der Art und Weise, wie man mit den umzusiedelnden Menschen umgeht, habe sich seitdem nicht viel geändert: "Da ist nichts sozialverträglich."

Ebenfalls nicht sozialverträglich sahen einige Bürger die Windrad-Politik in der Region an. Vor allem bei der Frage, ob man Windenergie um jeden Preis haben möchte, wurde eifrig diskutiert. "Wo die Windanlagen gebaut werden, wird einfach beschlossen. Da werden die Bürger nicht einbezogen", sagte der Bürger Hans-Willi Pelzer aus Wegberg. Nur 800 Meter von seinem Haus entfernt würden im benachbarten Wassenberg Windräder geplant. Laut Dederichs liegt die Verantwortung bei der jeweiligen Kommune: "Das ist eben eine Entscheidung der Gemeinde." Schnelle hingegen sieht das Problem auf landespolitischer Ebene. "Die Vorgabe an die Kommunen, vier bis fünf Prozent ihrer Fläche für diesen Zweck auszuweisen, ist einfach zu hoch", kritisierte der 49-Jährige.

Neben dem kritisch diskutierten Ausbau der erneuerbaren Energien wurde debattiert, wer für die noch nicht bezifferten Ewigkeitskosten der RWE-Tagebaue aufkomme. Für Dederichs hätte dafür in der Vergangenheit bereits ein Fond angelegt werden müssen, was jedoch nie passiert sei: "Man müsste heute RWE verpflichten, Geld dafür an die Seite zu legen." Ansonsten werde der Steuerzahler am Ende für die Kosten aufkommen müssen. "Wir kennen die wirtschaftliche Situation von RWE, aber deswegen darf nicht die Kommune auf diesen Kosten sitzenbleiben", sagte Schnelle. Genau so sieht es jedoch Spenrath voraus: "Am Ende werden wir als Steuerzahler eintreten müssen."

Die nächste Ausgabe der Rheinischen Wahlfahrt findet am 21.04. um 11.15 Uhr in Rees statt. Thema dann: der Breitbandausbau in NRW.

Für jede Diskussionsrunde haben wir Veranstaltungen auf Facebook angelegt. Diese haben wir bei den einzelnen oben stehenden Terminen verlinkt. Daten, Orte und Uhrzeiten sind teils noch vorläufig. Änderungen geben wir an dieser Stelle und in den Facebook-Events bekannt.

Die Rheinische Wahlfahrt ist ein Projekt der Rheinischen Post, das Facebook mit einem mobilen Live-Studio unterstützt.

* — Gemeint sind alle Parteien, die derzeit im Landtag sind oder nach gängigen Umfragen realistische Chancen haben, am 14. Mai in den nächsten Landtag einzuziehen.

(skr)
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