Erkelenz Erkelenz setzt Zeichen gegen Rassismus

Erkelenz · Mehr als 900 Menschen demonstrierten am Samstag in der Erkelenzer Innenstadt gegen Hass, Gewalt und Rassismus und für eine tolerante Gesellschaft. Zur parallel stattfinden Kundgebung der Rechten kamen rund 130 Menschen.

Mehr als 1000 Menschen demonstrieren in Erkelenz gegen Hass und Gewalt
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Mehr als 1000 Menschen demonstrieren in Erkelenz

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Das Kräfteverhältnis war eindeutig: Während sich am Samstag auf dem Burgvorplatz rund 130 Rechte zu einer Kundgebung unter dem Motto "Bürger stehen auf" versammelten, feierte ein bürgerliches Bündnis mit mehr als 900 Menschen wenige Meter weiter im Ziegelweiherpark mit Musik und Wortbeiträgen ein buntes Fest gegen Hass, Rassismus und Gewalt.

Die Veranstaltungen verliefen ohne größere Zwischenfälle und waren gegen 17 Uhr beendet. Auch beim anschließenden Demonstrationszug der Rechten und des bürgerlichen Bündnisses durch die Erkelenzer Innenstadt kam es zu keinen Ausschreitungen.

Die Polizei begleitete die Kundgebungen mit mehreren Hundert Beamten. Die Innenstadt war weitgehend abgeriegelt. An jeder Ecke waren Polizisten zu sehen: zu Fuß, in Streifenwagen, auf Pferden, oder Motorrädern. Während der Kundgebungen kreiste ein Polizeihubschrauber über der Stadt. Hinterher meldete die Polizei 42 Platzverweise. Eine Person wurde in Gewahrsam genommen.

Bürgermeister Peter Jansen, der im Ziegelweiherpark als "stadtbekannter Bürger" das Mikrofon ergriff, dankte jedem einzelnen Teilnehmer der Gegendemonstration, zu der das Bündnis gegen Rechtsextremismus im Kreis Heinsberg aufgerufen hatte. Die Willkommenskultur werde in Erkelenz weiterhin gelebt, versicherte er.

Neben Jansen sprachen unter anderem Pfarrer Günter Wild, Pastor Werner Rombach, die Kreis Heinsberger Bundestagsabgeordneten Wilfried Oellers (CDU) und Norbert Spinrath (SPD) sowie die Wassenberger Landtagsabgeordnete Dr. Ruth Seidl (Grüne), der Erkelenzer Bürger und Lehrer Björn Harz, Hans-Josef Dederichs (Grüne) und Rainer Rogowsky (SPD). Sie alle warben für eine tolerante Gesellschaft. Mit Blick auf die Kundgebung der Rechten auf der gegenüberliegenden Straßenseite sagte Oellers: "Solche Leute gehören nicht nach Erkelenz, nicht in den Kreis Heinsberg, nicht nach Nordrhein-Westfalen und nicht nach Deutschland." Es tue ihm weh, zu sehen, dass die Rechten auf dem Burgvorplatz die schwarz-rot-goldene Nationalflagge schwenken. Die Rechten hätten nicht verstanden, wofür die Farben stehen: Für Toleranz, für Grundwerte, für das Grundgesetz und gegen Extremismus. "Ich rufe euch zu: Legt diese Fahne weg, sie gehört nicht euch, sie gehört uns", sagte Oellers.

Angesichts der großen Zahl der Gegendemonstranten sprach Norbert Spinrath von einem unmissverständlichen Signal gegen Hass, Gewalt und Rassismus. "Mit unserer eindrucksvollen Aktion werben wir alle gemeinsam für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und setzen ein sichtbares Zeichen gegen Hass, Hetze und Gewalt", sagte Spinrath. Die NPD und die AfD-Rechts-Populisten lebten vom gewachsenen Misstrauen gegenüber Politik und Medien. Spinrath: "Ihr Stil ist die Konfrontation, der kalkulierte Tabubruch: 'Man wird doch noch mal etwas sagen dürfen...', 'Das 'Volk' gegen die korrupten 'Altparteien', die 'Lügenpresse' oder die Europa-Bürokratie' und das 'Volk' gegen Migranten, Muslime und Homosexuelle." Die offene Auseinandersetzung sei richtig und wichtig. "Dabei gilt das Strafgesetzbuch. Mit Volksverhetzern und Verfassungsfeinden muss niemand diskutieren."

Klare Worte sprach auch Ruth Seidl: "Unter dem Label 'Bürger stehen auf' rufen die Rechten zu einer vermeintlichen 'Friedlichen Kundgebung gegen die fehlgeschlagene Asylpolitik' auf. Aber diese selbst ernannten 'besorgten Bürger', um die es sich hier handelt, lassen keinerlei Zweifel daran, dass sie den puren Rassismus auf die Straße tragen wollen." Es seien "Brandstifter erster Klasse, Neonazis, ultrarechte NPDler und gewalttätige Hooligans, die mit rassistischer Stimmungsmache die Not der geflüchteten Menschen für ihre Propaganda und ihre politischen Ziele instrumentalisieren wollen", sagte Seidl. "Wir wollen hier in Erkelenz ein deutliches Zeichen setzen und gemeinsam für Vielfalt, Toleranz und gesellschaftliche Solidarität aufstehen." Der Zusammenschluss von rechtspopulistischen Organisationen und die damit zusammengehende Radikalisierung sei ein Angriff auf das friedliche Zusammenleben, auf die Vielfalt und Toleranz, auf Meinungsfreiheit, Redefreiheit, Pressefreiheit und auf die Freiheit der Religionsausübung.

Als die Rechten mit ihrer Kundgebung begannen, sorgten die Gegendemonstranten mit Trillerpfeifen, Rufen und Musik für ohrenbetäubenden Lärm. Dazu läuteten die Glocken von St. Lambertus. Die Rechten hatten einen Spaziergang durch die Stadt angemeldet. Nach der Kundgebung zogen sie - begleitet von massiver Polizeipräsenz - über den Johannismarkt, den Marktplatz, Aachener Straße, Kirchstraße, Südpromenade, Kölner Straße, Hermann-Josef-Gormanns-Straße und Theodor-Körner-Straße zum Bahnhof. Mit einem Abstand von 200 Metern folgten die Gegendemonstranten. Viele trugen Warnwesten und hielten Besen in den Händen - eine symbolische Aktion, "um zu zeigen, dass wir bunt sind und böse Gedanken aus der Stadt kehren wollen", erklärte Christoph Stolzenberger vom Bündnis gegen Rechts. Die Polizei riegelte die Gruppen voneinander ab.

(RP)
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