Düsseldorf Fragen und Antworten zum "Fall Heinsberg"

Düsseldorf · Für den Sexualstraftäter Karl D. hat ein Münchener Gericht entgegen dem Antrag der Staatsanwaltschaft nach dem Ende einer 14-jährigen Haftstrafe wegen Vergewaltigung von zwei 14 und 15 Jahre alte Mädchen keine Sicherungsverwahrung angeordnet. Nun lebt er in Heinsberg – und dort wächst die Besorgnis.

Für den Sexualstraftäter Karl D. hat ein Münchener Gericht entgegen dem Antrag der Staatsanwaltschaft nach dem Ende einer 14-jährigen Haftstrafe wegen Vergewaltigung von zwei 14 und 15 Jahre alte Mädchen keine Sicherungsverwahrung angeordnet. Nun lebt er in Heinsberg — und dort wächst die Besorgnis.

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Straftäter rückfällig wird?

Die Quoten sind sehr unterschiedlich. Bei Mördern, die psychiatrisch behandelt werden, kann die Rückfallquote laut Michael Bay, Stationsleiter in der Forensik in Bedburg-Hau, auf 0 bis drei Prozent sinken. Bei pädophilen Täter, die nicht behandelt werden, liege die Rückfallquote bei 50 bis 75 Prozent.

Welche Anzeichen gibt es, dass ein Täter rückfällig werden kann und, eine Sicherungsverwahrung angeraten ist?

Wenn der Täter seine Gefühle nicht kontrollieren kann und Phantasien sein Handeln bestimmen, ist nach Ansicht von Michael Bay das Rückfallrisiko hoch. Seiner Meinung nach sollte es Grund genug sein, eine Sicherungsverwahrung anzuordnen, wenn es sich — wie im Fall des Klaus D. — um einen Mehrfachtäter handelt, bei dem sich aggressive Impulse und Sexualität miteinander verbinden und dieser Täter jede Therapie verweigere.

Darf ein Häftling Therapie verweigern?

Ja. Alle angebotenen Maßnahmen im Rahmen des Strafvollzugs beruhen auf freiwilliger Basis.

Darf Druck auf ihn ausgeübt werden, jetzt ein Therapieangebot anzunehmen?

Ja. Das erlaubt das besondere Gewaltverhältnis, in dem sich der Gefangene befindet. Der Druck besteht beispielsweise darin, dass dem Häftling die Folgen einer abgelehnten Therapie vor Augen geführt werden, zum Beispiel: Ausschluss vorzeitiger Haftentlassung.

Wie könnte den juristischen Schwierigkeiten bei der nachträglichen Anordnung von Sicherungsverwahrung entgegengewirkt werden?

Indem der Gesetzgeber den 2004 in Kraft getretenen § 66 b novelliert. Er könnte klarstellen, dass ein von Gutachtern als weiter sehr gefährlich eingestufter Häftling, der Therapie verweigert, allein schon dadurch eine "neue Tatsache" schafft, die nachträgliche Sicherungsverwahrung möglich macht.

Bedeutet Sicherungsverwahrung im Extremfall, dass jemand bis zum Lebensende hinter Gittern bleibt?

Ja. Sicherungsverwahrung ist unbefristet. Die Allgemeinheit soll durch die Sicherungsverwahrung dauerhaft geschützt werden.

Dauert Sicherungsverwahrung ungeprüft fort?

Nein. Alle zwei Jahre muss das Gericht Gutachter prüfen lassen, ob die Voraussetzungen weiter gegeben sind.

Wer ist Landrat Stephan Pusch, der auf Karl D. aufmerksam machte?

Der beim Amtsantritt am 1. Oktober 2004 jüngste Landrat in NRW ist 40 Jahre alt und stammt aus Hückelhoven im Kreis Heinsberg. Der Jurist ist CDU-Politiker. Seine Partei wählte ihn am Wochenende mit überwältigender Mehrheit (97,5 Prozent) erneut zum Kandidaten für das Landratsamt.

(RP)
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