Erkelenz Für Gerechtigkeit beim Mindestlohn

Erkelenz · Frank Steufmehl (37) aus Erkelenz hat vor dem Bundesarbeitsgericht erreicht, dass der gesetzliche Mindestlohn auch in Bereitschaftszeiten gilt. Er selbst aber profitiert nicht von dem Urteil. Sein Arbeitgeber macht tarifrechtlich alles richtig.

 Frank Steufmehl sagt nach dem Gerichtstag in Erfurt: "Für mich persönlich war das Urteil enttäuschend. Aber ich weiß, dass es anderen helfen wird."

Frank Steufmehl sagt nach dem Gerichtstag in Erfurt: "Für mich persönlich war das Urteil enttäuschend. Aber ich weiß, dass es anderen helfen wird."

Foto: Jürgen Laaser

Nicht wenige Menschen werden Frank Steufmehl aus Erkelenz dankbar sein. Er hatte die Frage gestellt, ob der Mindestlohn auch in Bereitschaftszeiten gilt, und war für die Antwort bis zum Bundesarbeitsgericht nach Erfurt gezogen. Hunderttausende dürften es sein, für die das jüngst gefällte Urteil positiv ist: Für die Stunden, in denen sie auf ihren Einsatz warten, haben sie einen Anspruch auf den Mindestlohn von derzeit 8,50 Euro pro Stunde. Für Steufmehl selbst hingegen blieb das Urteil ohne positiven Effekt: "Mein Arbeitgeber, der Rettungsdienst im Kreis Heinsberg, macht tarifrechtlich alles richtig."

Der RDHS zahlt nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes, und hier erkannten die Bundesarbeitsrichter an, dass alle Vorgaben des Mindestlohns erfüllt werden. Der 37-jährige Kläger aus Hetzerath erklärt die dahinter steckende Rechnung: "Zu teilen ist das Monatsgehalt durch die Monatsarbeitsstunden. Wer dann unter dem Mindestlohn liegt, kann aus meinem Urteil einen Vorteil ziehen." Frank Steufmehl bekommt vom RDHS für seine 39 Stunden Wochenarbeitszeit und neun Bereitschaftsstunden pro Woche in Summe mehr Geld als die 8,50 Euro pro Stunde, profitiert folglich nicht von der Entscheidung der höchsten deutschen Arbeitsrichter. Seine Klage wurde wie in der Vorinstanz abgewiesen. Steufmehl: "Für mich persönlich war das Urteil enttäuschend. Aber ich weiß, dass es anderen helfen wird. Der Gerichtstag in Erfurt bedeutete für mich gemischte Gefühle."

Dass der Rettungsassistent, der auf der Wache in Heinsberg eingesetzt ist, die Klage angestrebt hatte, hat eine längere Geschichte. Frank Steufmehl war die Frage nach dem Mindestlohn in Bereitschaftszeiten schon 2013/14 begegnet, als es noch gar keinen flächendeckenden Mindestlohn gegeben hatte. Er las von einem Urteil aus der Pflegebranche. Und daran erinnerte er sich, als der Mindestlohn von eineinhalb Jahren bundesweit eingeführt wurde. "Die Klage ist nicht aus einer Unzufriedenheit mit meinem Arbeitgeber heraus entstanden", betont der 37-Jährige, "vielmehr hatte ich das Gefühl einer allgemeinen tariflichen Ungerechtigkeit."

Dass dieses Gefühl in Teilen richtig war, bestätigten ihm die Richter am Bundesarbeitsgericht wie auch die Reaktionen auf deren Entscheidung: "In Erfurt bin ich von einigen Rettungsdienstkollegen aus Ostdeutschland angesprochen worden, die sich sehr gefreut haben, dass ich den Klageweg genommen habe, die extra zu der Verhandlung angereist waren und die vom Ergebnis profitieren werden." Er habe dabei gesehen, "wie unterschiedlich die Arbeitbedingungen in Deutschland sind, und dass ich bei meinem Arbeitgeber gut aufgehoben bin". Er glaube, dass Pflegekräfte, Mitarbeiter des Sicherheitsgewerbes und teilweise von nicht kommunalisierten Rettungsdiensten künftig besser entlohnt würden.

Nach einem ersten Gespräch mit seinem Anwalt und danach mit seinem Arbeitgeber über die Frage des Mindestlohns in Bereitschaftszeiten hatte der Erkelenzer - unterstützt von zwei Kollegen - die Klage einleitet. Das Arbeitsgericht Aachen-Heinsberg war die erste Instanz, es folgte das Landesarbeitsgericht in Köln und dann Erfurt. "Ich war ganz überrascht, dass die Entscheidung beim Bundesarbeitsgericht nur 18 Monate gedauert hat. Ansonsten soll das länger dauern", erzählt Steufmehl. Möglicherweise hänge das mit weiteren Klagen rund um den Mindestlohn zusammen, die dort ebenfalls noch zu entscheiden seien.

(spe)
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