Erkelenz Gelassenheit im Umgang mit Demenz ist möglich

Erkelenz · Ewald Kauertz pflegt seit 20 Jahren seine an Alzheimer erkrankte Ehefrau. Er macht betroffenen Angehörigen Mut.

 Ewald Kauertz (74) pflegt seit knapp 18 Jahren seine an Demenz erkrankte Ehefrau Cilli (73).

Ewald Kauertz (74) pflegt seit knapp 18 Jahren seine an Demenz erkrankte Ehefrau Cilli (73).

Foto: Laaser, Jürgen (jl)

"Warum hat sich deine Frau so verändert? Warum reagiert sie aggressiv, macht dir Vorwürfe ohne Grund? Hast du etwas falsch gemacht?" - Solche Erfahrung und Gedanken werden vielen Angehörigen von Alzheimer-Demenz-Betroffenen bekannt vorkommen. Vor allen Dingen in den Anfängen der Demenz sind Angehörige oft schockiert, weil sich eine zuerst noch als "normal" interpretierte Vergesslichkeit zu immer befremdlicheren Handlungen steigert - irgendwann werden sogar Familienmitglieder nicht mehr erkannt.

All dies hat Ewald Kauertz (74) durchlitten, bevor er durch einen Zuwachs an Wissen, durch Austausch mit Fachleuten und ähnlich betroffenen Angehörigen seinen Frieden mit der ungewohnt neuen Situation gemacht hat. Kauertz lebt seit nun bald 20 Jahren mit seiner an Alzheimer leidenden Frau, bei der die ersten Anzeichen der Krankheit schon mit Mitte 50 auftraten. Er selbst leistet gemeinsam mit seiner Tochter (die im Hause lebt) einen Großteil der Pflege seiner mittlerweile komplett hilflos und bettlägerig gewordenen Frau. Sie wird künstlich ernährt, spricht schon lange nicht mehr, "liegt da wie in einer Art von Wachkoma", beschreibt Kauertz. Er und die Familie haben ihre eigene Form der Kommunikation mit der Ehefrau/Mutter/Oma gefunden, reden mit ihr, erwarten keine Antwort. Der Kückhovener hat sich selbst in der Redaktion angemeldet und einen 50-seitigen Erfahrungsbericht mitgebracht, den er eigentlich für seine Enkel geschrieben hat aber auch, um selbst das Erlebte zu verarbeiten.

Kauertz möchte seine Erfahrungen mitteilen und angesichts der Tatsache, dass in Zeiten des demografischen Wandels immer mehr Menschen von Alzheimer-Demenz betroffenen sind, Angehörigen Mut machen und ihnen Hinweise geben, wie sie mit der verwirrenden Situation umgehen können, ohne selbst krank zu werden. "Ganz wichtig ist, den Kranken keine Vorwürfe zu machen oder nach Gründen zu fragen, wenn etwa die Pantoffeln im Kühlschrank liegen. Fragen wie ,Warum hast Du das gemacht?' führen allzu oft nur zu aggressiven Redewechseln", weiß Kauertz, der wie viele Angehörige lernen musste, mit eigenen Schuldgefühle umzugehen und die unverständlichen Verhaltensweisen der Ehefrau als Krankheit zu akzeptieren.

Entlastung und Bestärkung erfährt Kauertz bis heute in den Gesprächskreisen für betroffene Angehörige. Regelmäßig nutzt er diese Angebote im Erkelenzer Hermann-Josef-Krankenhaus und bei der Caritas in Hückelhoven, und er rät allen Betroffenen dazu. Er selbst gehört mittlerweile selbst zu den Ratgebern bei solchen Treffen.

"Wichtig ist ein gesundes Ego", hat Ewald Kauertz erkannt, "und sich gezielt Auszeiten von der Pflege zu nehmen." Der Kückhovener findet Ausgleich in sportlichem Gerätetraining und in ausgedehnten Spaziergängen. "Ich bin ein Naturfreund. Dreimal jährlich gönne ich mir, eine Woche zu verreisen, etwa auf Madeira die Landschaft zu genießen." Das stärke ihn für die Pflege, mache den Kopf frei. Kauertz ist heute mit sich im Reinen. "Ich kann sagen, dass ich nicht unglücklich bin."

(RP)
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