Erkelenz Gesamtschule - nicht ohne Nebenwirkungen

Erkelenz · Braucht Erkelenz eine Gesamtschule? Die Debatte über eine mögliche Elternbefragung wird auch in Nachbarstädten aufmerksam verfolgt.

Ist die Zeit reif für eine Gesamtschule in Erkelenz? Diese Frage möchten SPD und Grüne von Eltern beantworten lassen. Die beiden Fraktionen legten deshalb einen gemeinsamen Antrag für eine Elternbefragung vor, über den am Mittwoch die Mitglieder des Schulausschusses im Erkelenzer Rathaus lebhaft diskutierten. Am Ende sprachen sie die Empfehlung an den Hauptausschuss und an den Stadtrat aus, den Antrag von SPD und Grünen abzulehnen und von einer Elternbefragung abzusehen.

Über das Thema Gesamtschule wird in der Schulstadt Erkelenz nicht zum ersten Mal diskutiert. Zurzeit gibt es zwei Gymnasien, eine Realschule und eine Hauptschule als weiterführende Schulen in der Erka-Stadt. Um eine Gesamtschule einrichten zu können, müssten sich mindestens 100 Schüler anmelden. Wäre dies der Fall, hätte das nach Darstellung der Stadtverwaltung und der Schulleiter erhebliche Auswirkungen auf die bestehende Schullandschaft in Erkelenz. Willi Schmitz, Leiter der Europaschule, bemühte in diesem Zusammenhang das Ursache-Wirkung-Prinzip: "Wer sich für eine Gesamtschule ausspricht, dem muss klar sein, dass bestehende Schulen in Erkelenz dafür schließen müssen", sagte er. Außerdem könnten wichtige Profilbausteine der einzelnen Einrichtungen, die den Schulstandort Erkelenz stark gemacht hätten, nicht länger angeboten werden. Willi Schmitz nannte den bilingualen Zweig Deutsch-Französich, das erweiterte Fremdsprachenangebot und zahlreiche Forderkurse an seiner Schule als Beispiele. "Das Ganze hätte erhebliche Konsequenzen, wir hätten plötzlich ein völlig verändertes Schulsystem in Erkelenz", sagte Willi Schmitz warnend.

Rita Hündgen, langjährige Leiterin des Cusanus-Gymnasiums, warnte ebenfalls vor einer Elternbefragung und dem Irrglauben, die Gesamtschule sei einfach nur ein zusätzliches Angebot. "Wir leben ja nicht im luftleeren Raum. Wir müssten dafür andere Schulen schließen", sagte sie. Beigeordneter Hans-Heiner Gotzen wurde konkret: "Das Cornelius-Burgh-Gymnasium und die Gemeinschaftshauptschule kämen in Gefahr", sagte er. Außerdem sei zur Einrichtung einer Gesamtschule nicht nur der Elternwille erforderlich, sondern die Entwicklung des Schüleraufkommens müsse dies auch hergeben und das sei in Erkelenz zurzeit definitiv nicht der Fall.

Ferdinand Kehren von der SPD kritisierte den Beschlussvorschlag der Verwaltung als tendenziös. Mit Unterstützung von Marlene Klotz von den Grünen warb er um Unterstützung ihres gemeinsamen Antrags. "Wir perforieren das Schulsystem nicht, wir komplettieren es", sagte Kehren.

Durchaus mit Sorge wird die Debatte über eine mögliche Elternbefragung zum Thema Gesamtschule in Erkelenz in einigen Nachbarstätten verfolgt. In Heinsberg (Oberbruch) und Hückelhoven (Ratheim) wurden zuletzt Gesamtschulen eingerichtet und Hauptschulen geschlossen. Und die Leitung der Betty-Reis-Gesamtschule Wassenberg habe bereits Richtung Erkelenz signalisiert, dass ihre Schule langfristig auch auf Schüler aus Erkelenz angewiesen sei, hieß es.

Neun Ausschussmitglieder folgten schließlich der Empfehlung der Verwaltung an den Stadtrat, den Antrag zur Elternbefragung abzulehnen. SPD und Grüne (sechs Stimmen) stimmten dagegen, zwei Ausschussmitglieder enthielten sich. Der Stadtrat stimmt am Mittwoch, 24. Juni, über den gemeinsamen Antrag von SPD und Grünen ab.

(RP)
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