Erkelenz Gut vorlesen will gelernt sein

Erkelenz · Nicht nur Kinder sind schnell fasziniert von Geschichten, die packend vorgelesen werden. Auch die Lebenserfahrung der Sprecher sollte in den Vortrag einfließen, riet Profi-Sprecher René Wagner Interessierten in der Stadtbücherei.

 René Wagner hat selbst Hörbücher gesprochen und in Jurys bewertet. Auf die Sprache kommt es an, vermittelte er seinen Zuhörern in der Stadtbibliothek und fragte "Ist Günter Jauch ein guter Sprecher?"

René Wagner hat selbst Hörbücher gesprochen und in Jurys bewertet. Auf die Sprache kommt es an, vermittelte er seinen Zuhörern in der Stadtbibliothek und fragte "Ist Günter Jauch ein guter Sprecher?"

Foto: Renate Resch-Rüffer

Wer in aufmerksame, leuchtende Kinderaugen sehen möchte, nehme sich ein Buch und lese vor. Allerdings ist es die Art des Vorlesens, die Kinder andächtig zuhören lässt. Es gibt also durchaus einige Punkte, die man beim Vorlesen beachten sollte.

"Das Lesen mit den Ohren ist anders als das Lesen mit den Augen", erläutert René Wagner. In seinem 90-minütigen Vortrag vor Erkelenzer Publikum erarbeitet er gemeinsam mit den Zuhörern die ausschlaggebenden Aspekte, die das Lesen lebendig und lebensnah machen.

Er hat Hörbeispiele mitgebracht, die allen - oft mit einem Schmunzeln - einleuchtend demonstrieren, worauf es beim Vorlesen ankommt. Zu den Fragen "Was sind gute Sprecher, was sind schlechte Sprecher" erläuterte der Referent, dass bei gleichförmiger Sprechweise, nicht flüssiger oder monotoner Sprachmelodie die "Ohren gleich zugeklappt sind", wie Wagner es bildlich ausdrückt. Durch die unterschiedliche Betonung einzelner Worte lässt er verschiedene Bedeutungen desselben Satzes entstehen. Gleichzeitig veranschaulicht der Vorlese-Coach, dass die Stimmung durch einen sachlichen, mystischen, traurigen oder lächerlichen Grundton transportiert wird und lebendige Sätze entstehen.

Katharina Thalbach, die bekannte Schauspielerin und Hörbuchsprecherin erläutert ihr Erfolgsrezept zum guten Vorlesen so: "Da muss einfach ein Geheimnis in der Stimme liegen, man muss ganze Welten herstellen, ja, in gewisser Weise sprachliche Landschaften entstehen lassen. ,Sprecherin' oder ,Vorleserin' passt dann eigentlich gar nicht so richtig - ich sehe mich vielmehr als Landschaftsmalerin."

Betrachtet man alle besprochenen Aspekte, stellt sich heraus: "Vorlesen ist gar nicht so einfach", wie der Referent weiß. Die Übung ist beim Vorlesen hörbar. Es ist nicht nur wichtig, mit dem Text vertraut zu sein und ihn verstanden zu haben. "Man hört auch die Lebenserfahrung des Sprechers", verdeutlicht er.

René Wagner rät, zum Vorlesen eine ruhige, angenehme Umgebung zu suchen. Das Vorlese-Buch sollte ganz genau bekannt sein. Wichtiges zu markieren, ist durchaus hilfreich, um Betonungen und Pausen sinnvoll einzubauen. Mimik und Gestik sollten miteinfließen. Lautstärke und Geschwindigkeit können variiert werden. Den Figuren sollten unterschiedliche Tonlagen gegeben werden. Ein Blickkontakt mit dem Publikum sei wichtig, um die Kinder interaktiv mit einbeziehen zu können. Bei aufkommender Unruhe sei es ratsam, Pausen zu machen und Fragen zu stellen.

Wer das selbst einmal ausprobieren möchte, und gerne einer Gruppe von Kindern vorliest, kann das am Bundesweiten Vorlesetag am 18. November tun. Dieser Vorlesetag hat als Ziel, Begeisterung für das Lesen und Vorlesen zu wecken und Kinder bereits früh mit dem geschriebenen und erzählten Wort in Kontakt zu bringen.

An vielen Orten werden Vorleseaktionen stattfinden. Wer mitmachen möchte oder sich einfach informieren will, kann dies unter www.vorlesetag.de tun.

(rerü)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort