Erkelenz Gute Lage - aber dem Handwerk gehen die Handwerker aus

Erkelenz · Dem regionalen Handwerk fehlen zunehmend Lehrlinge und Fachkräfte. Für Verbraucher könnte das steigende Preise bedeuten.

 Peter Deckers.

Peter Deckers.

Foto: Handwerkskammer Aachen

Die Wirtschaftszahlen, welche die Handwerkskammer Aachen gestern für die Betriebe in der Städteregion sowie den Kreisen Heinsberg, Euskirchen und Düren vorgelegt hat, sind beeindruckend - hinter ihnen verbergen sich allerdings auch Gefahren. Darauf wies Hauptgeschäftsführer Peter Deckers hin.

86 Prozent der Betriebe, so die aktuelle Konjunkturumfrage der Kammer, verzeichneten im Winterhalbjahr gute oder befriedigende Ergebnisse. Damit wurden genau die im Herbst 2016 geäußerten Erwartungen erfüllt. Und 76 Prozent der Unternehmen haben gleiche oder bessere Gesamtumsätze erzielt als ein Halbjahr zuvor. Für die nächsten sechs Monate erwarten nun sogar 88 Prozent der Betriebe, dass sich die Konjunktur für sie so positiv weiterentwickeln wird.

Positiv strich Deckers heraus, dass "der Kreis Heinsberg an der Spitze der positiven Bewertungen steht", dass "der Auftragsbestand im Winter weniger stark als im Vorjahr sank" und dass "eine Sommerflaute nicht in Sicht" ist. Weiterhin sehr hoch sei die Investitionsbereitschaft, und für Beschäftigte im Handwerk seien die Zeiten ebenfalls sehr gut. 75 Prozent der Betriebe hielten an ihren Teamgrößen fest, und 13 Prozent stellten in den vergangenen Monaten mehr Personal ein. In der Prognose für das Sommerhalbjahr sehen die Chancen noch besser aus: 93 Prozent erwarten eine stabile oder steigende Mitarbeiterzahl. Nicole Tomys, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin der Kammer, stellte fest: "Dieser Wert ist so hoch, das kannten wir so noch nicht."

Zu diesen guten Werten gibt es allerdings auch eine Kehrseite. Die Anzahl der Lehrlinge ist im regionalen Handwerk weiter zurückgegangen, und Fachkräfte sind immer schwieriger zu finden. Rückläufig sind die Zahlen der Auszubildende in den Branchen Bäcker, Zahntechniker, Dachdecker, Metallbauer, Maler und Lackierer. Und bei den Fachkräften fehlen solche vor allem in den Bereichen Elektro, Kfz, Tischler, Installateure und Frisöre. Deckers sprach von einer "angespannten Lage" und einer "vielfach schon gereizten Stimmung: Die Betriebe kämpfen um jede gute Fachkraft." Der seit vielen Jahren vorhergesagte Fachkräftemangel führe jetzt in ersten Brachen dazu, dass vermehrt auf industrielle Produktion umgestellt werden müsse. Beispielsweise sei bei Bäckern und Fleischern der kritische Punkt inzwischen erreicht. Auf der einen Seite eine hohe Nachfrage, auf der anderen immer weniger Handwerker. Für Fachkräfte ist die Situation gut. "Häufig wird inzwischen über Tarif gezahlt, um gute Fachkräfte zu halten", erklärte Tomys. Für den Verbraucher hingegen könnte die Situation bedeuten, dass er künftig mit steigenden Preisen und längeren Wartezeiten auf Handwerkerleistungen rechnen müsse, bilanzierte Deckers, der "bei einer Fortschreibung der jetzigen Situation sieht, dass wir auf eine Negativentwicklung zusteuern". Gerade auf Gymnasiasten müsse das Handwerk deshalb zugehen und ihnen die guten Berufsperspektiven aufzeigen. Das sei nötig, um die aktuelle Positiventwicklung des regionalen Handwerks fortzuschreiben.

(spe)
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