Mit Prof. Harald Ross Gute Zusammenarbeit trägt Früchte

Erkelenz · Marketingfachmann Harald Ross hat die Stadt Wassenberg bei ihrem Konzept zur Belebung der Innenstadt begleitet. Eine Bilanz.

 "Der Wassenberger Abendmarkt ist bislang einzigartig in der Region", stellt Prof. Harald Ross heraus.

"Der Wassenberger Abendmarkt ist bislang einzigartig in der Region", stellt Prof. Harald Ross heraus.

Foto: STADT WASSENBERG

Wassenberg Ein Jahr lang hat der Hückelhovener Marketingfachmann Prof. Harald Ross die Stadt Wassenberg bei der Umsetzung eines neuen Konzepts zu Belebung der Innenstadt, fußend auf dem Integrierten Handlungskonzept, beraten. Dabei setzte er auf ein eigenständiges Profil, das die Stadt von ihren Nachbarn abhebt. Besondere Nischen im Handel bedienen - unter den Stichworten Genuss und Lebensstil - gehören dazu, die von flankierenden Veranstaltungen unterstützt werden. Nach dem Artikel über den Umbau der Graf-Gerhard-Straße äußert sich Ross im Redaktionsgespräch darüber, wie er die Entwicklung der Stadt einschätzt.

Ihr Beratervertrag mit der Stadt ist abgeschlossen, dennoch verfolgen Sie die Umsetzung der von Ihnen mit entwickelten Ideen mit Interesse. Ist derzeit aufgrund der Großbaustelle Graf-Gerhard-Straße überhaupt eine Einschätzung möglich?

Ross Die erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen der Stadt Wassenberg trägt Früchte. Mit etwas Abstand von den aktuellen Aufgaben las ich mit Interesse Ihren Bericht über die derzeitige Einzelhandelssituation in Wassenberg. Eine Baustelle vor der Tür führt selten zu Glücksgefühlen, bei Geschäftsleuten schon gar nicht. Weil dies absehbar war, haben wir die Anlieger darauf eingestellt. Es gilt auch hier: Ein guter Gärtner kann im Winter bereits blühende Blumen und Sträucher erahnen. Diese Vorstellungskraft müssen auch die ansässigen Geschäftsleute entwickeln und sehen, dass es vor ihrer Geschäftstür nur noch schöner wird.

Noch immer gibt es leerstehende Ladenlokale.

Ross Ich drehe das ins Positive: Es gibt immer weniger Leerflächen, anstatt mehr. Diese gute Innenstadtentwicklung ist am Niederrhein einzigartig. Wenn ich richtig zähle, wurden zehn Ladenlokale neu belegt. In zentraler Lage entsteht jetzt wieder ein neues Geschäftslokal. Vier Jahre Entwicklungszeit habe ich als strategisches Ziel vorgegeben, bis die Innenstadt ein geschlossenes Bild zeigt und das Konzept greift. Rathaus und Geschäftswelt erwarten daher keine Wunder. Ausnahmen bestätigen jedoch die Regel, siehe Abendmarkt.

Den Abendmarkt sehen Sie also als vollen Erfolg. Wie kann Wassenberg auf dieser Welle weiter reiten - zumal andere Städte wie etwa Erkelenz jetzt auch Abendmärkte anbieten wollen?

Ross Der Wassenberger Abendmarkt ist bislang einzigartig in der Region. Die Wassenberger nennen ihn bereits ihren kleinen Schlemmermarkt. Die Leute identifizieren sich damit und machen den Markt zu ihrem persönlichen Ereignis. Das ist ein Kompliment. Die Idee eines Marktes am Abend habe ich nicht erfunden, aber in dieser Qualität und Atmosphäre ist er weit und breit einmalig, weil alles passt. Was Erkelenz und auch Geilenkirchen betrifft, sage ich: Das Plagiat ist immer noch das schönste Kompliment von weniger inspirierten Zeitgenossen.

Um welche (neue) Anbieter sollte sich die Stadt verstärkt bemühen?

Ross Ich habe vier Geschäftsfelder entwickelt, die für Wassenberg ein abgestimmtes Wachstumspotenzial darstellen, nämlich Genuss- und Lebensstil, Kultur, Events und Tourismus. Für diese Felder müssen weitere Interessenten/Investoren gezielt angesprochen werden. Ich weiß, dass sich die unterschiedlichsten Geschäftsleute in Wassenberg prüfend umschauen.

Die Stadt hat die Organisation des Schlemmermarktes in eigene Hände genommen - Ihrer Meinung nach die richtige Entscheidung?

Ross Wenn die Wassenberger weitsichtig sind, dann integrieren sie den Schlemmermarkt in die vorliegende Konzeption. Das ist bisher noch nicht der Fall.

Was wären denn Ihre Ideen?

Ross Der Markt muss neue Akzente setzen und sich weiterentwickeln. Dies vor allem inhaltlich. Bekannte Köche sind heute TV-Superstars, die Schmeicheleien und Aufmerksamkeit zu Genüge erhalten. 25 Jahre immer die gleiche Masche, das verschleißt sich zudem. Es gibt eine Anzahl inspirierend neuer TV-Ideen und Formate rund um das Thema Genuss. Vielfalt, Regionalität und Nachhaltigkeit werden stärker betont. Siehe "Land und Lecker". Auch eine inhaltliche Verbindung von "Kunst und Genuss", "Tourismus und Genuss" oder "Vegan und Genuss" wären Themen, die man ins Stadtmarketing integrieren kann. Heute ist der Schlemmermarkt ein Leuchtturm, der einmal im Jahr kurz aufblinkt, um dann für 361 Tage im Dunkel zu versinken. Ohne seinen Charme und seine Einzigartigkeit zu verlieren, kann er neue Impulse aufnehmen, damit zu einem Ganzjahres-Leuchtturm werden.

Welche Erwartungen verbinden Sie mit der neugestalteten Graf-Gerhard-Straße?

Ross Meine Vision ist, dass der Bereich zwischen Roßtorplatz, Gondelweiher, Burg und Graf-Gerhard-Straße künftig ein "Place to be" für das gesamte Umland sein wird. Lokale mit Innen- und Außengastronomie, mit internationalen Spezialitäten und regionalen Speisen und Getränken, mit spannenden Geschäften und interessanten Angeboten für Genus, Lebensstil und Touristik können hier aufblühen.

Wie stehen Sie zur erwogenen Überdachung des Roßtorplatzes?

Ross Ein temporär zu öffnendes Dach über dem Kopf zu haben, ist nicht die schlechteste Idee. Der Roßtorplatz könnte so als "gute Stube" der Stadt Veranstaltungen ermöglichen, die sonst nicht machbar wären. Wassenberg hat keine große Aula oder Stadthalle, daher wäre eine wetterunabhängige Veranstaltungsfläche etwas sehr Besonderes.

ANGELIKA HAHN FÜHRTE DAS INTERVIEW.

(RP)
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