Erkelenz Gutshof und Gräber der Römer entdeckt

Erkelenz · Beim "Tag der Archäologie" kann nahe Borschemich erstmals die Ausgrabungsstelle eines Gutshofs aus dem frühen ersten Jahrhundert besichtigt werden. Geführte Touren in das ansonsten unzugängliche Gebiet bietet der LVR an.

 Eine Momentaufnahme von den Grabungen auf dem Tagebauvorfeld bei Borschemich: Im Vordergrund ein ausgegrabenes Brandgrab (2. Jahrhundert), gut zu sehen auch die Pfostenlöcher des quadratischen Grabhauses.

Eine Momentaufnahme von den Grabungen auf dem Tagebauvorfeld bei Borschemich: Im Vordergrund ein ausgegrabenes Brandgrab (2. Jahrhundert), gut zu sehen auch die Pfostenlöcher des quadratischen Grabhauses.

Foto: Alfred Schuler, LVR-ABR

Archäologen haben bei Ausgrabungen am Tagebaurand nahe Borschemich ein repräsentatives römisches Landgut, eine sogenannte villa rustica, entdeckt und so weit freigelegt, dass sie am Samstag, 30. August, beim "Tag der Archäologie" erstmals öffentlich gezeigt werden kann. "Es handelt sich hierbei nicht um die hundertste römische Villa, sondern um eine, die Besonderheiten aufweist", erklärt Dr. Thomas Otten die Bedeutung der Ausgrabung kurz und knapp. Und damit rät Otten, der beim Landesbauministerium für Denkmalpflege zuständig ist, zum Besuch des Aktionstages in Titz, von wo aus geführte Bustouren nach Erkelenz starten. Anders ist das Ausgrabungsgebiet nicht zu erreichen.

 In einem Frauengrab an der Römervilla nahe dem heutigen Ort Borschemich wurde dieses fragile Gefäß gefunden, das teilweise wieder zusammengesetzt werden konnte und beim "Tag der Archäologie" gezeigt werden soll.

In einem Frauengrab an der Römervilla nahe dem heutigen Ort Borschemich wurde dieses fragile Gefäß gefunden, das teilweise wieder zusammengesetzt werden konnte und beim "Tag der Archäologie" gezeigt werden soll.

Foto: Jürgen Vogel, LVR-LMB

Bevor die Schaufelradbagger von RWE Power kommen, untersuchen die Archäologen des LVR die Tagebauflächen im Rheinischen Revier. So geschieht es seit Anfang vergangenen Jahres auf dem Tagebauvorfeld bei Borschemich. Dort stießen die Archäologen auf eine der größten römischen Villenanlagen im Revier. "Mit einem Fund in dieser Größenordnung hat man in der Region nicht rechnen können", erklärt Dr. Udo Geilenbrügge, Leiter der LVR-Außenstelle in Titz. Das Villenareal umfasst eine 230 mal 240 Meter große Fläche. Im Zentrum stand einst das mit einer Länge von 50 Metern große Hauptwohnhaus mit Badeanlage. Darum gruppierten sich weitere Wirtschaftsgebäude herum.

Zwar ist die Größe schon nicht gewöhnlich, doch die Besonderheiten des Erkelenzer Fundes sind andere, wie Geilenbrügge aufzählt: "Wir haben einen Umgangstempel gefunden, der nicht zum Standard gehört. Es gibt das Fundament eines Balustradengangs mit repräsentativer Toreinfahrt. Bei den Ausgrabungen unter Leitung von Dr. Alfred Schuler war die Freilegung einer kleinen Familiengrabstätte von besonderem Interesse. Sie bestand aus vier, teils reich ausgestatteten Brandgräbern des frühen zweiten Jahrhunderts, über denen hölzerne Grabbauten gestanden hatten - und hier ist mit noch mehr Funden zu rechnen. Außerdem sind wir gerade auf einen Gewölbekeller mit ein oder mehreren mausoleumsartigen Grabstellen gestoßen, was eine sehr ungewöhnliche Fundsituation ist." Es werde versucht, diese Stelle noch so weit herzurichten, dass sie am "Tag der Archäologie" gezeigt werden kann.

Dass das römische Gut in die Region hinein ausstrahlte, und das auf verschiedene Weise, belegen bereits die jetzigen Funde. Einen engen Bezug in die Provinzhauptstadt Köln nehmen die Forscher an. Sie fanden Dachziegel mit einem seltenen Stempel, der ihnen im Rheinland - mit Ausnahme von Xanten - nur aus Köln bekannt ist.

Errichtet worden war der Gutshof im frühen ersten Jahrhundert, spät in dem Jahrhundert erlebte er den Ausbau in Stein. Einen wirtschaftlichen Einschnitt nehmen die Archäologen für das dritte Jahrhundert an, der vielleicht von durchziehenden, plündernden Germanenverbänden verursacht wurde. Bewohnt blieb die Fläche aber bis in das späte vierte Jahrhundert hinein. Aber: "Erst als man im elften Jahrhundert für die ersten Gebäude des neu gegründeten Rodungsortes Otzenrath viele Steine als Baumaterial benötigte, bediente man sich - auch zum Bau einer ersten kleinen romanischen Kirche - an den Ruinen und baute die Mauerreste der villa rustica systematisch ab." Geblieben sind aber aussagekräftige Fundamente - und die können am Samstag auf der künftigen Tagebaufläche besichtigt werden. Zum ersten Mal. Etliche der dort gemachten kleineren Funde wiederum können noch nicht präsentiert werden. Sie werden zurzeit aufgearbeitet, aber fotografisch dargestellt. Dafür aber zeigt der LVR diese Forschungsstelle schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort