Erkelenz Heimat - schillernder Begriff im Wandel

Erkelenz · Drei Tage lang beschäftigten sich Wissenschaftler und interessierte Laien auf Haus Hohenbusch mit "Heimat in Literatur, Sprache und Kunst". Sie loteten einen vielschichtigen Begriff aus, der im Tagebauland besonders aktuell ist.

 Am Podium diskutierten (v.l.) Heimatvereinsvorsitzender Günther Merkens, Sparkassendirektor Thomas Pennartz, Gisela Berger vom Bürgerbeirat Umsiedlung, Moderator Andreas Speen, Beigeordneter Dr. Hans-Heiner Gotzen, Autor Thomas Brandt und Tagungsleiter Professor Helmut Brall-Tuchel.

Am Podium diskutierten (v.l.) Heimatvereinsvorsitzender Günther Merkens, Sparkassendirektor Thomas Pennartz, Gisela Berger vom Bürgerbeirat Umsiedlung, Moderator Andreas Speen, Beigeordneter Dr. Hans-Heiner Gotzen, Autor Thomas Brandt und Tagungsleiter Professor Helmut Brall-Tuchel.

Foto: Jürgen Lasser

Mit dem Zitat von Christian Morgenstern "Nicht da ist man daheim, wo man seinen Wohnsitz hat, sondern wo man verstanden wird", eröffnete Günther Merkens als Vorsitzender des Heimatvereins der Erkelenzer Lande am Freitagmorgen die Tagung "Heimat in Literatur, Sprache und Kunst", die im Haus Hohenbusch stattfand. Sie endete am Sonntag mit Mundart, Ahnenforschung, Vorträgen der Schreibwerkstatt Wassenberg und "Musik vom Tagebaurand".

 Beim interaktiven Workshop "Merkzeichen Heimat" gestern setzten Mundartautoren - hier Heinz Eßer bei seinem Vortrag - auch humorvolle Akzente.

Beim interaktiven Workshop "Merkzeichen Heimat" gestern setzten Mundartautoren - hier Heinz Eßer bei seinem Vortrag - auch humorvolle Akzente.

Foto: Jürgen Laaser

Mit Referentinnen und Referenten aus Deutschland, Polen und Italien näherte sich die "interdisziplinäre Tagung" am Freitag und Samstag in unterschiedlichen Fragestellungen dem "problematischen Begriff", so der Untertitel, Heimat.

Bürgermeister Peter Jansen würdigte den Heimatverein als Organisation, die mit vielen Veranstaltungen großes Interesse wecke. Dazu zähle das Thema "Heimat", das gerade für Erkelenz mit vielen Veränderungen verbunden sei. Eine positive Veränderung sei, dass Holzweiler aus dem Tagebau Garzweiler herausgenommen worden sei.

 Der Sonderdruck des Heimatvereins mit Artikeln aus der RP-Serie "Unsere Heimat" fand bei der Tagung schon viele Abnehmer.

Der Sonderdruck des Heimatvereins mit Artikeln aus der RP-Serie "Unsere Heimat" fand bei der Tagung schon viele Abnehmer.

Foto: Jürgen Laaser

Als Mitveranstalter betonte Professor Dr. Helmut Brall-Tuchel von der Heine-Universität Düsseldorf, dass die Tagung auch das Ergebnis einer längeren, fruchtbaren Zusammenarbeit von Wissenschaft und Ehrenamt darstelle. Der Verein biete die Möglichkeit, Wissenschaft in die Gesellschaft, an die Basis zu bringen - dafür gelte ihm Dank, den der Professor an der Philosophischen Fakultät für Ältere Deutsche Sprache und Literatur auch an die Stadt Erkelenz und die Kreissparkasse für deren Unterstützung richtete.

Brall-Tuchel hat sich mit "Heimat" auch in seinem Fachgebiet beschäftigt und beleuchtete den Begriff und dessen Definition als gesellschaftliche Größe und in seiner sprachlichen Herkunft. Letztere liege im Althochdeutschen "heimoti" bzw. "heimuoti" und sei an Besitz als eng begrenzter "Nahwelt" gebunden gewesen. Die Fernwelt habe gleich außerhalb der Nahwelt begonnen. Der Gegensatz zur "heimoti" im Althochdeutschen sei die "elilenti" oder "elelende", was Verbannung, Gefangenschaft und Fremde bedeutete, also Elend.

In der alt- und mittelhochdeutschen Sprache (etwa zwischen 750 und 1350) sei Heimat in verbreiteten Gebeten sogar im Jenseits verortet worden. Das aus dem 12. Jahrhundert stammende "Annolied" eines Siegburger Mönchs sieht die "Trojanischen Franken" als von Gott gesandte Besiedler des Niederrheins.

Szenenwechsel: Dietmar Schmitz stellte die "Heimat der Ahnen" gestern im Foyer des Priorensaals im Rahmen des Workshops Familienforschung am PC vor. Und die Mundart-Dichter der Stadt sorgten, auch zur Freude des von Krankheit genesenen Theo Schläger, durchaus nicht platt für Heiterkeit auf Platt.

Die Schreibwerkstatt der Bücherkiste Wassenberg war mit neun Autorinnen und 13 Beiträgen vertreten, die sich dem Thema "Heimat" unter verschiedenen Ansätzen gewidmet hatten. Die Suche nach Heimat war Thema einer von Inge Grünebaum geleiteten Werkstatt, teils wurde das eigene Schicksal als Vertriebene thematisiert, teils Zeitgeschichte aufgearbeitet, etwa der "deutsche" 9. November 1989. Die weit über 100 Stühle reichten für alle Interessenten nicht aus, entsprechend kräftig war der Beifall.

(isp)
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