Erkelenz Lesbar gemacht: Vertrag über Kirchenaufbau

Erkelenz · Erstmals liegt der vollständige Vertrag über den Wiederaufbau von St. Lambertus in einer lesbaren Version vor. Der Erkelenzer Stadtschreiber Mathias Baux hatte ihn notiert.

 Mathias Baux, von 1541 bis 1568 Stadtschreiber und Bürgermeister von Erkelenz, hat den Vertrag notiert.

Mathias Baux, von 1541 bis 1568 Stadtschreiber und Bürgermeister von Erkelenz, hat den Vertrag notiert.

Foto: HEIMATVEREIN DER ERKELENZER LANDE

Bei einem verheerenden Stadtbrand im Sommer 1540 ist in Erkelenz auch die Lambertus-Kirche zerstört worden - zum ersten Mal kann in wenigen Tagen vollständig nachgelesen werden, wie beschädigt die Kirche war, dass vor deren Wiederaufbau etliche politische Dispute zu führen waren und wie diese Baumaßnahme letztlich ausgeführt wurde. Erstmals liegt der vollständige Vertrag über den Wiederaufbau von St. Lambertus in einer lesbaren Version vor: Mathias Baux, von 1541 bis 1568 Stadtschreiber und Bürgermeister von Erkelenz, hatte ihn notiert, Professor Hiram Kümper von der Universität Mannheim hat ihn nun - wie die gesamte Baux-Chronik - transkribiert.

Vom Chorraum bis zum erst ab dem Jahr 1458 erbauten Turm hatte am 21. Juni 1540 die Lambertus-Kirche bei dem Brand gelitten, war wie fast alle Häuser der Stadt und das Alte Rathaus zum Opfer der Flammen geworden. An der Kirche waren anschließend der Dachstuhl zu erneuern, das Türmchen auf der Kirche, die Rinnen. 300 Geldrische Rittergulden wollte das Marienstift zu Aachen zum Wiederaufbau hinzugeben, was den Erkelenzern aber zu wenig erschien, davon seien die Reparaturen nicht zu bezahlen gewesen, schreibt Baux in seiner Chronik, "so haben die von Erkelenz das abgeschlagen und wollten sich mit den angebotenen Pfennigen weder begnügen noch abgespeist werden". Sie begehrten gegen die Obrigkeit aus Aachen, die Grundherr und damit Zehntherr war, auf und schickten Goswin von Wockerath, von 1529 bis 1555 Pfarrer in Erkelenz, mit allerlei Schriftsätzen nach Nimwegen, wo ein Landtag der Hanse tagte und wo deshalb die Abgeordneten aller Städte des Fürstentums Geldern und der Grafschaft Zutphen anzutreffen waren. Goswin von Wockerath bekam seine Chance, ist von Baux zu erfahren, sein Anliegen ausführlich vorstellen zu dürfen. Und er hatte Erfolg. Nach einhelligem Rat schrieben die Abgeordneten an die Herrn vom Kapitel und brachten sie so weit, "dass sie sich doch gutwillig dazu bereit erklärten, das Schiff der besagten Kirche zu Erkelenz auf ihre Kosten reparieren und decken zu lassen".

Beauftragt wurden zwei Dachdecker und Bürger aus Roermond namens Martin von Erkelenz und Johann op dem Poill, denen nach vollendeter Arbeit 665 Geldrische Rittergulden und zwölf Malter Roggen Erkelenzer Maße vertraglich zugesichert wurden, somit deutlich mehr als zuvor in Aussicht gestellt worden war. Holz, Blei, Eisen und Stein wurden ihnen als Baumaterialien vorgeschrieben, und das teilweise sehr konkret: "Sie sollen an dem gesamten Werk kein anderes Blei verwenden als solches, das in Maastricht gegossen worden ist." Und verwendet werden sollten "gute Eichenplanken, dreizehn Stück pro Fuss". Alles sei so aufzubauen, "wie es vor dem besagten Brand gestanden hat; das ist zwei Bogenwerke übereinander, jeder Bogenstiel mit einem Standfinken und ein geriegen daeckwerk, gebunden mit Kreuzbändern mit keffern und Balken, die so dick sind, wie es sich für ein solches Strebewerk gehört."

Zu beschaffen hatten die beiden Dachdecker das benötigte Material auf eigene Kosten, jedoch wurde ihnen ein Vorschuss auf den Gesamtlohn in Höhe von 150 Geldrischen Rittergulden gewährt. Vereinbart war außerdem in dem Vertrag mit dem Kapitel der Kirche "Unserer Lieben Frau" zu Aachen (Marienstift), dass, sollte einer der Meister, bevor das Werk vollendet ist, "auffällig oder krank" werden, der andere dieses zu Ende führen muss - das alles beschlossen und besiegelt am 22. Januar 1541 und versehen mit dem bedeutenden Hinweis, dass "zum nächsten Festtag der Geburt des Heiligen Johannes das Holzgerüst über der Kirche bereitstehen soll, damit man die Kirche von diesem Zeitpunkt an mit Steinen bedecken kann".

Ausführlich nachzulesen ist der Vertrag auf den Seiten 406 bis 415 der neuen Baux-Chronik, eine teilweise Übertragung ins Hochdeutsche hatte der Heimatverein der Erkelenzer Lande bereits 2009 in seiner Schriftenreihe abgedruckt.

(spe)
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