Erkelenz Mini-Schrittmacher bringt Herz in Takt

Erkelenz · Das Hermann-Josef-Krankenhaus präsentiert den kleinsten Schrittmacher der Welt: Heute werden die Teilnehmer des Kardiologie-Symposiums live aus dem Herzkatheterlabor sehen, wie eine "Kardiokapsel" eingesetzt wird.

 Die Minikapsel (li.) krallt sich mit einem feinen Anker in die Herzwand. Einen solchen Eingriff nahm am Freitag im Herzkatheterlabor unter Sichtkontrolle Oberarzt Dr. Christian Memmesheimer vor.

Die Minikapsel (li.) krallt sich mit einem feinen Anker in die Herzwand. Einen solchen Eingriff nahm am Freitag im Herzkatheterlabor unter Sichtkontrolle Oberarzt Dr. Christian Memmesheimer vor.

Foto: HJK/ RP-FOTO: GALA

"Neue Therapien für bekannte Probleme" zeigt das 15. Erkelenzer Kardiologie-Symposium. Und heute wartet das Hermann-Josef-Krankenhaus mit einer Sensation auf: Per Live-Schaltung ins Herzkatheterlabor sehen abends die Teilnehmer, wie Dr. Christian Memmesheimer den kleinsten Herzschrittmacher der Welt implantiert - federleicht, kaum größer als ein Fahrradventil. Minimalinvasiv wird die Kardiokapsel über die Leistenvene ins Herz geschoben, mit winzigen Titanärmchen im Herzmuskel fixiert. Diese schonende Methode gegen Herzrhythmusstörungen wird im Erkelenzer Krankenhaus seit dem Herbst 2016 praktiziert.

Erkelenz: Mini-Schrittmacher bringt Herz in Takt
Foto: Gabi Laue

Vergleichsweise bescheiden hatte die Fortbildung der Kardiologie begonnen: mit 25 Ärzten in der Krankenpflegeschule des Krankenhauses. Aus kleinen Anfängen hat sich ein beachtliches Symposium entwickelt, das im Vorjahr die Rekordzahl von 150 Teilnehmern erreichte. Einmal im Jahr präsentiert die Kardiologie unter Chefarzt Dr. Klaus-Dieter Winter Fortschritte in der Herz-Kreislauf-Medizin, seit fünf Jahren mit Bildern von Eingriffen aus dem Herzkatheterlabor, die live demonstriert und diskutiert werden.

Weil heute ein Herzpatient schon ganz anders behandelt wird als zehn Jahre zuvor, ist diesmal die Micra-Kapsel das Thema. Winter hatte zur Präsentation vor der Presse im Krankenhaus drei Herzschrittmacher-Modelle mitgebracht. Modelle mit Defibrillator sind etwa zehnmal so groß wie die winzige Kapsel, die er zwischen Daumen und Zeigefinger hielt. "Wir brauchen nun nicht mehr die OP mit Schnitt unter dem Schlüsselbein, sondern können über den Herzkatheter die Kapsel ins Herz einführen", erklärte der Kardiologe. Und das ohne lange Kabel, denn die Micra speist eine Batterie mit etwa zehn Jahren Lebensdauer. "Der Sensor misst die elektrische Aktivität des Herzens, und wenn die nicht kommt, gibt es einen Impuls", erklärte der Chefarzt die Funktionsweise des kleinsten Ein-Kammer-Schrittmachers der Welt. Die schonende Technik sei jetzt geeignet für Patienten, die Blutverdünner nehmen müssen, vor allem für Menschen mit langsamen Herzrhythmusstörungen, etwa zehn Prozent der Herzschrittmacher-Patienten ab 60 Jahre. 40 Mini-Kapseln sind im Erkelenzer Krankenhaus - nach Training in Innsbruck - schon eingesetzt worden. Zwei Ziele definierte Dr. Klaus-Dieter Winter: "Die Patienten im Kreis Heinsberg wollen wir so gut versorgen, dass sie nicht weiter weg müssen. Und wir wollen besser sein als die anderen, da hängen wir die Messlatte hoch." Von Kongressen in London, Barcelona oder Mailand holen die Oberärzte das Wissen nach Erkelenz.

Die dank einiger Sponsoren kostenfreie Fortbildung für Ärzte, Pflegefachkräfte und Rettungssanitäter beginnt wieder um 16 Uhr mit einem EKG-Training, an das sich Vorträge anschließen. Was im Herzkatheterlabor gezeigt wird, hat eine Baalerin schon hinter sich, die wenige Minuten nach dem Eingriff ohne Narkose mit Besuch am Bett einverstanden war. Wie sie sich fühlt? "Erleichtert!", sagt die 75-Jährige, deren Herz zuvor gestolpert und gerast ist. "Das Angstgefühl ist weg, und ich spüre nicht, dass da was drin ist." Sie hebt den Daumen und kann ihre Dankbarkeit kaum in Worte fassen. "Das war toll, ich kann's nur empfehlen. Jetzt habe ich wieder Lebensqualität. Ich will noch so viel machen."

(gala)
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