Erkelenz "Mit Baumhäusern gegen Bagger" - die Empfindungen einer Aktivistin

Erkelenz · Nora Wiese ist Aktivistin im Hambacher Forst. In Erkelenz las sie aus ihrem Buch. Zu hören waren Geschichten aus unterschiedlichen Perspektiven.

Für Nora Wiese gibt es eine Kluft zwischen dem, was legal ist, und dem, was sie selbst für legal hält. Das ist einer der Gründe dafür, warum sie Aktivistin im Hambacher Forst ist. Dort will sie Widerstand leisten und mit anderen Aktivisten den Wald "vor den Schaufeln des Braunkohlebaggers" schützen. Der Braunkohletagebau, der Umsiedlungen, Bergschäden, Feinstaubbelastungen und den Verlust von Kulturerbe zur Folge habe, ist für sie eine Ungerechtigkeit.

In dem Buch "Mit Baumhäusern gegen Bagger" haben die Aktivisten aus dem Tagebau im Hambacher Forst verschiedene Geschichten aus Perspektiven unterschiedlicher Menschen veröffentlicht. Aktivisten, die in den Baumhäusern leben, erzählen darin ihre Geschichten genauso wie Besucher oder Helfer, die den Aktivisten Wasser bringen. In der evangelischen Kirche las Nora Wiese aus dem Buch vor und erzählte auch von eigenen Erlebnissen. Musikalisch untermalt wurde die Lesung von Sebastian Schade am Klavier. Mit ruhigen Liedern wurde so eine emotionale Stimmung erzeugt.

Der Kontakt zur evangelischen Kirche kam über Jens Sannig, Superintendent des Kirchenkreises Jülich, zustande. Für einen Fernsehbeitrag war er im Hambacher Forst gewesen und lernte dort die Aktivistin Nora Wiese kennen. Jens Sannig selbst habe eine Menge von den Aktivisten gelernt, die seiner Meinung nach im Tagebau Hambacher Forst "ein wenig ihren Traum leben, wie die Welt ohne Braunkohle sein könnte".

"Heute ist kaum was übrig von der einstmals größten Waldfläche Nordrhein-Westfalens", liest Wiese. Monsterbagger mit ihren gigantischen Zähnen hätten ihn aufgefressen. Das mache keinen Sinn, es müsse ein Ende finden. Denn zu groß sei der Schaden für Menschen, Tiere und Natur.

Sie selbst habe viele Menschen kennengelernt, die umsiedeln mussten. Dabei habe es viele Momente gegeben, "wo ich das Leid der Menschen sehr wahrgenommen habe." Umsiedeln sei nicht wie umziehen. Denn die Menschen könnten ihre Heimat nicht mehr besuchen. Die Orte seien nach der Umsiedlung für immer weg. Schuld sei das Bundesbergbaugesetz. "Dieses ermöglicht auch weiterhin die Umsiedlung von Dörfern." Unternehmen könnten so ihre Interessen über die Interessen der Bewohner stellen. Fast schon ironisch schildert Nora Wiese, wie auch Tiere umgesiedelt werden sollen, was jedoch allein schon biologisch nicht machbar sei.

Vor allem in den vergangenen Monaten sei im Hambacher Forst viel passiert. Aktuell gebe es sieben Baumhäuser. Noch im Januar seien es drei mehr gewesen. Immer wieder komme es zu Räumungen, immer öfter werde auch Gewalt thematisiert. Man höre von der Aggressionsbereitschaft der Aktivisten. Doch sie liest: "Wir sind nicht in diesem Camp, um Gewalt auszuüben." Aber ein anderer Gedanke aus dem Buch lautet: "Kann es nicht sogar verboten sein, keine Gewalt auszuüben, wenn dadurch etwas Schlimmeres verhindert werden kann?"

Als Aktivist würde man schnell in eine dunkle Ecke gestellt, sagt Nora Wiese. Die Repressionen und Vorwürfe gegen Aktivisten nähmen zu. Doch Aufhören kommt nicht infrage. Zwei Sätze aus dem Buch machen das deutlich: "Wir bleiben widerständig. Unermüdlich bauen wir auf gegen das, was alles kaputt machen will."

(anek)
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