Erkelenz Pflegeeltern "büffeln" in der Hauptschule

Erkelenz · Expertinnen geben in Erkelenz hilfreiche Tipps zum Umgang mit Pflegekindern. Neue Pflegefamilien sind willkommen.

 In der Hauptschule Erkelenz hörten Pflegefamilien interessante Fachvorträge.

In der Hauptschule Erkelenz hörten Pflegefamilien interessante Fachvorträge.

Foto: STADT ERKELENZ

Für über 70 Pflegeeltern ging es in der Hauptschule Erkelenz um das Thema "Der tägliche Kampf von A wie Aufstehen bis Z wie Zähneputzen. Wenn aus Mücken Elefanten werden". Eingeladen hatten die Jugendämter der Städte Erkelenz, Hückelhoven, Geilenkirchen und Heinsberg.

Die Heilpädagoginnen Svenja Benny und Stefanie Wüsthoff erörterten mit den Pflegeeltern die Fragen: "Welcher Sinn steckt hinter dem Verhalten unserer Pflegekinder und was können wir tun?" Svenja Benny hat zudem eine systemisch-therapeutische Ausbildung, Stefanie Wüsthoff ist traumazentrierte Fachberaterin. Sie leiten in Essen das pädagogisch-therapeutische Zentrum, das als einen Schwerpunkt Pflegefamilien und -kinder berät oder begleitet.

Die Referentinnen erklärten zunächst die Auswirkungen auf Kinder, wenn diese kein Urvertrauen zu ihren leiblichen Eltern entwickeln konnten oder nach traumatischen Erlebnissen in einer Pflegefamilie aufgenommen wurden. Für Marco, der schon als sehr kleines Kind immer auf der Hut sein musste, macht es durchaus Sinn, jetzt noch im Unterricht Augen und Ohren überall zu haben, nur nicht bei dem, was die Lehrerin sagt. Anna ist sehr erfinderisch dabei, in ihrem Zimmer Verstecke für Essen anzulegen. Bei den leiblichen Eltern konnte sie nie wissen, wann es wieder etwas gab.

Nachmittags standen praktische Übungen an. Wie können Pflegeeltern deeskalieren, wenn eine Situation zu Hause droht, außer Kontrolle zu geraten? Welche Möglichkeiten zur Entspannung gibt es für sich selber, aber auch für die Kinder? Was muss speziell bei traumatisierten Pflegekindern beachtet werden?

Während ihre Pflegeeltern lernten, betreute das Kinderteam mehr als 50 Kinder aus den Pflegefamilien. Das Spielmobil des Erkelenzer Jugendamtes, Kinderschminken, eine Mal- und Bastelecke, Kicker und Air-Hockey waren Stationen. Das forderte vollen Einsatz von den zum größten Teil erfahrenen Ferienspielhelfern. Die Baguetterie Paris aus Wegberg hielt mit einem umfassenden Catering alle Teilnehmer bei Laune. "Anstrengend, aber bereichernd, weil wir so viele der besprochenen Situationen im Alltag zu Hause wiederfinden", so das Fazit vieler Pflegeeltern.

"Einzelpersonen oder Ehepaare, die sich ebenfalls dafür interessieren, ein Pflegekind aufzunehmen, sind eingeladen, einen Beratungstermin mit dem für ihren Wohnort zuständigen Jugendamt zu vereinbaren", sagt Judith Linzbauer-Corigliano vom Pflegekinderdienst des Jugendamtes Erkelenz. Nur weil sich immer wieder Familien oder Einzelpersonen finden, die sich engagieren, könne Kindern auch dann ein familiäres Aufwachsen oder eine familiäre Betreuung auf Zeit ermöglicht werden, wenn die leiblichen Eltern ausfallen.

"Vor der Aufnahme eines Pflegekindes durchlaufen Bewerber einen ausführlichen Beratungs- und Schulungsprozess. Nur nach einer für alle Beteiligten abgesicherten Entscheidung sollte ein Kind in eine Familie vermittelt werden", erklärte Claus Bürgers, Leiter des Amtes für Kinder, Jugend, Familie und Soziales.

(RP)
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