Kreis Heinsberg Polizei muss Sextäter schützen

Kreis Heinsberg · Das NRW-Innenministerium arbeitet an einem Polizeikonzept für den Umgang mit rückfallgefährdeten Sexualstraftätern. Während in Heinsberg die Demonstrationen zunehmen, kann eine Lösung noch Wochen dauern.

 Eine Polizeikette hielt die Demonstranten am Donnerstagabend in deutlichem Abstand zu dem Haus, in dem sich der entlassene Sexualstraftäter Karl D. seit dem vergangenen Wochenende aufhält.

Eine Polizeikette hielt die Demonstranten am Donnerstagabend in deutlichem Abstand zu dem Haus, in dem sich der entlassene Sexualstraftäter Karl D. seit dem vergangenen Wochenende aufhält.

Foto: Günter Passage

Am Donnerstag Abend war die Polizei bei der nun offenbar täglich stattfindenden Demonstration vor dem Wohnsitz von Karl D. deutlich in der Überzahl. In einem Abstand von rund einhundert Metern zu dem Wohnhaus verhinderte eine Polizeikette das weitere Vordringen der Demonstranten, die sich deutlich ruhiger als am Vorabend verhielten. Sowohl die Zahl der Transparente als auch der Sprechchöre ging zurück. Die Polizei rechnet allerdings nicht damit, dass das auch am Wochenende so bleibt.

Unabhängig vom aktuellen Fall in Heinsberg werde bereits seit längerem an einem Polizeikonzept für den Umgang mit rückfallgefährdeten Sexualstraftätern gearbeitet. Er rechne damit, dass es demnächst vorliege, so Peter Biesenbach, Fraktionsgeschäftsführer der Landtags-CDU: "Wir wollen keine amerikanischen Verhältnisse, aber wir wollen auch den Schutz der Bevölkerung."

Weder eine 24-stündige Überwachung noch elektronische Fußfesseln wolle man derzeit ausschließen, so Manfred Palmen (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Innenministerium: "Schon aus dem Ausmaß der Gefährdung ergibt sich, dass es in dieser Frage keine Denkverbote geben darf." Die SPD-Fraktionsvorsitzende Hannelore Kraft erklärte: "Ich verstehe den Urteilsspruch nicht. Ich kann nicht nachvollziehen, warum in diesem Fall keine Sicherungsverwahrung möglich sein soll."

Der Fall Karl D. ist kein Einzelfall: Im brandenburgischen Joachimsthal wird seit Herbst vergangenen Jahres der mehrfache Vergewaltiger Werner K. auf Schritt und Tritt observiert. K. war nach 22 Jahren Haft entlassen worden, eine nachträgliche Sicherheitsverwahrung hatte das Gericht abgelehnt, obwohl K. auch weiterhin als gefährlich galt. Der 50-Jährige zog daraufhin in ein Wohngebiet mit Mehrfamilienhäusern in Joachimsthal. Sofort gründeten sich Bürgerinitiativen, es gab Demonstrationen und Proteste. "Die Lage hat sich mittlerweile etwas beruhigt", sagt Sebastian Thon, Pressesprecher der Polizei für den Landkreis Barnim. "Die Demonstrationen sind weniger geworden."

Allerdings bleibt K. noch bis Mai unter ständiger Überwachung. Danach überprüft das Landgericht Frankfurt/O., ob die Observation verlängert wird. "Die Rund-um-die-Uhr-Überwachung stellt uns vor große Probleme", sagt Frank Domanski, Landesvorsitzender der Polizeigewerkschaft Brandenburg. "Mindestens zwölf Beamte müssen wir täglich dafür abstellen, wenn K. einen Ausflug plant, brauchen wir bis zu 50 Einsatzkräfte." Beamte aus anderen Schutzbereichen müssten regelmäßig nach Joachimsthal abgezogen werden. "Für die brandenburgische Polizei sind solche Aufträge kaum noch zu bewältigen, da die Personaldecke weiterhin ausgedünnt wird."

Ähnlich problematisch wurde die Rund-um-die-Uhr-Überwachung des Sexualstraftäters Frank O., der nach seiner Haftentlassung 2007 nach Quedlinburg in Sachsen-Anhalt gezogen war. Der Fall hatte damals eine Mediendiskussion über den Umgang mit entlassenen Sexualstraftätern und über nachträgliche Sicherheitsverwahrung ausgelöst. Nachdem Frank O. anfangs noch 24 Stunden täglich überwacht worden war, wurde die Observation nach einiger Zeit eingestellt.

"Justiz- und Innenministerium hatten sich wohl darauf geeinigt, dass man die Überwachung aufgibt, wenn sich Frank O. bereit erklärt, aus der Stadt wegzuziehen", sagt Christian Löffler, Pressesprecher des Landgerichts Magdeburg, das den Fall verhandelt hat. "Nach diesem Angebot ist der Täter dann umgezogen." O. lebe jetzt in einem Ort im Harz, werde dort aber nicht rund um die Uhr bewacht. "Allerdings gilt noch bis 2011 die Führungsaufsicht", sagt Löffler. "Die besagt, dass sich Frank O. bei uns regelmäßig melden muss." 2011 verhandle das Gericht erneut, ob diese Maßnahme verlängert werden soll.

Wilfried Albishausen, Vorsitzender vom Bund Deutscher Kriminalbeamter in NRW, hält die Dauer-Überwachung für problematisch: "Diese Observation kann das Risiko zwar vermindern, aber nicht gen Null schrauben", sagt er. Eine einzelne Person unter Umständen bis ans Lebensende pausenlos zu überwachen, sei fast unmöglich.

(RP)
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