Erkelenz Profis mit der Stricknadel

Erkelenz · Seit Eröffnung des Erkelenzer Werkstattbetriebes vor fünf Jahren arbeiten rund 120 Mitarbeiter mit Behinderung an der Brüsseler Allee. Dort hat man sich auf das Stricken spezialisiert.

 Saskia Gillespie (l.) absolviert das Freiwillige Soziale Jahr in der Lebenshilfe-Werkstatt und unterstützt Christian Schmitz beim Einfädeln der Maschen.

Saskia Gillespie (l.) absolviert das Freiwillige Soziale Jahr in der Lebenshilfe-Werkstatt und unterstützt Christian Schmitz beim Einfädeln der Maschen.

Foto: Kleinen

Dienstagmorgen, 8.30 Uhr, im Industriegebiet Gipco in Erkelenz. In der Werkstatt für behinderte Menschen der Lebenshilfe Heinsberg beginnt der neue Arbeitstag. Christian Schmitz wartet schon am Eingang der "Aufbaugruppe 1" im Förderbereich und begrüßt seine Kollegen. Bevor der junge Mann mit Behinderung und seine neun Kollegen in den Arbeitstag starten, trifft man sich zum gemeinsamen Kaffee am runden Tisch und spricht über die Aufgaben und Abläufe des bevorstehenden Tages.

Die Gruppe hat sich wohnlich eingerichtet, zahlreiche Bilder hängen an der Wand. Mosaikarbeiten stehen auf den Fensterbänken, die Gardinen sind selbst genäht, große Vorhänge und Regale in warmen Farben unterteilen den Arbeitsraum. "Wir sind stolz auf das, was wir hier selbst herstellen können", sagt Gruppenleiterin Nicole Jansen. Mit ihrem Kollegen Sascha Weingran leitet sie die Aufbaugruppe. Neben den täglich wechselnden Basisarbeiten in der manuellen Montage haben sich die Mitarbeiter der "Aufbaugruppe 1" seit vier Jahren auf das Strick-Handwerk spezialisiert, mit dem sie vor allem auf den Kreativmärkten der Lebenshilfe für Aufsehen gesorgt haben. "Wir stricken einfach gerne, und obwohl mehr Männer als Frauen in unserer Gruppe arbeiten, hat sich die Wolle in allen Farben und Größen fest im Arbeitsalltag etabliert", sagt Jansen.

Christian Schmitz stimmt ihr nickend zu. Auch wenn er nicht sprechen kann, versteht man schnell, dass sich sein Hobby zu einer interessanten Arbeit entwickelt hat. Auf einem digitalen Bilderrahmen zeigt er einige der Auftragsarbeiten, die er und seine Kollegen produziert haben: Decken, Schals und Mützen, Socken, Taschen und Rucksäcke.

"Wir richten unsere Förderung nach dem Menschen, seinen Fähigkeiten und Interessen aus", erklärt Wolfgang Vossen, pädagogischer Leiter der Werkstatt. "Arbeitsangebote versuchen wir durch aufeinander aufbauende Bildungsschritte zu vermitteln." So hat sich der Förderbereich der Lebenshilfe-Werkstätten als "kreative Werkstatt" auf individuelle Arbeiten und Eigenprodukte spezialisiert und entwirft Mosaikarbeiten, Grußkarten oder produziert den Kaminanzünder k-lumet. "Durch unsere vielfältigen Arbeits- und beruflichen Bildungsangebote erhalten auch Menschen mit schwerer Behinderung die Chance, am Arbeitsleben teilzunehmen."

Das Strickhandwerk der Aufbaugruppe hat sich aus dem Hobby einer Mitarbeiterin entwickelt, erklärt Jansen. "Eines Tages brachte sie Stricknadeln und Wolle mit und begann in den Pausen zu stricken. Das Interesse der anderen war schnell geweckt. Moderne Strickhilfen machen es zudem leicht, auch mit körperlicher Einschränkung saubere Maschen zu knüpfen." Die Schulung der feinmotorischen Fähigkeiten sei dabei nur ein Schwerpunkt der Arbeit mit der Stricknadel. Beim Stricken wachse das Arbeitsergebnis gleich mit jeder neuen Masche. "Wir entwerfen gemeinsam immer neue Produkte, die wir verkaufen und haben bereits einige Stammkunden. Das macht uns stolz."

(RP)
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