Erkelenz Respektloses Verhalten - Zugabsage

Erkelenz · Vereinsgemeinschaft Granterath "zieht nach 38 Jahren die Reißleine" und sagt Karnevalszug 2017 ab.

 2017 zieht kein Karnevalszug durch Erkelenz-Granterath.

2017 zieht kein Karnevalszug durch Erkelenz-Granterath.

Foto: Laaser (Archiv)

Mit "Jranktere Helau" kündigte die Vereinsgemeinschaft Granterath in den vergangenen 38 Jahren am Samstagnachmittag um 14.11 Uhr immer den ersten Karnevalszug auf Erkelenzer Stadtgebiet an. Gestern teilte sie mit: "2017 wird dieser nicht ziehen." Die Vereinsgemeinschaft hat sich nach ausführlichen Gesprächen mit Stadt, Polizei und Feuerwehr und in zwei langen internen Sitzungen dazu entschlossen, ein Zeichen zu setzen: "Grund ist, kurz zusammengefasst, das zunehmende respektlose Verhalten auswärtiger Besucher." Menschen, "die nichts mit Karneval zu tun haben und unser Brauchtum missbrauchten", haben die Verantwortlichen veranlasst, den Karnevalszug für den 25. Februar 2017 abzusagen.

Polizei und Rettungsdienst waren 2016 im Karneval stark beansprucht worden. Nicht nur in Granterath, aber eben auch dort. Damals hatte die Polizei berichtet, dass es während des Karnevalszuges in Granterath und danach zu mehreren Straftaten gekommen war. Es wurde von mehreren Körperverletzungsdelikten berichtet, bei denen vier Menschen verletzt wurden. Ausgesprochen wurden zwei Platzverweise, teilte die Polizei seinerzeit mit, und drei Personen kamen vorübergehend in Gewahrsam, wobei sich eine so vehement widersetzte, dass sich bei deren Ingewahrsamnahme eine Polizistin und ein Polizist verletzten. In den Abend hinein hatte sich das Aggressionspotenzial von etwa 400 vorwiegend stark alkoholisierten Jugendlichen im Außenbereich der Granterather Festhalle, in der nach dem Zug gefeiert wurde, noch weiter gesteigert, hatte es vonseiten der Polizei geheißen.

Nicht noch einmal will die Vereinsgemeinschaft Granterath in die Situation geraten, dass der Karnevalszug zu einer solchen Anlaufstelle wird. Sie kann es sich auch nicht leisten. Zum einen bedeute es einen finanziellen Akt, für die Sicherheit der friedlich Feierenden zu sorgen, der schwer zu leisten sei, ist zu hören. Zum anderen sei es aber auch ein ehrenamtlicher Kraftakt, der unmöglich weiterhin zu stemmen erscheine, so dass am späten Mittwochabend "nach reiflicher Überlegung" beschlossen wurde, für 2017 den Zug abzusagen. "Für uns hängt viel Herzblut daran. Wir alle waren von Beginn an dabei. Wie schwer uns dieser Entschluss fällt, muss uns niemand fragen", erklärte die Vereinsgemeinschaft 1977 Granterath im Gespräch mit unserer Redaktion. Und weiter hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme: "Wir haben immer versucht, Maßnahmen zu treffen, um den Zug trotz aller Widrigkeiten vernünftig zu gestalten und ziehen zu lassen. Mit den Auflagen für 2017 sehen wir keine Möglichkeit mehr, den Zug mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln ordnungsgemäß durchzuführen." In der neuen Session müssten für Ordnungsamt, Polizei und Rettungsdienst nicht mehr leistbare Auflagen erfüllt werden, die zudem den friedlich Feiernden erspart werden sollten: "Eine Entwicklung, die wir auch den Menschen in unserem Ort nicht weiter zumuten möchten, weshalb wir jetzt die Reißleine ziehen." Alle bisher am Zug beteiligten Gruppen - rund 50 im vergangenen Jahr mit im Durchschnitt 20 Mitgliedern - wurden darüber gestern von der Vereinsgemeinschaft schriftlich informiert. Ob es sich um ein einmaliges Zeichen handelt, ließ sie offen. Die Vereinsgemeinschaft wies aber darauf hin, dass alle Sitzungen wie geplant stattfinden und dass sie den stets friedlich mitfeiernden und mitorganisierenden Karnevalisten sehr für ihr bisheriges Engagement danke. In ersten Reaktionen habe sie erfahren, dass es gut sei, einmal durchzugreifen, hieß es aus der Vereinsgemeinschaft Granterath.

"Absolutes Bedauern" und "absolutes Verständnis" für die Entscheidung war gestern im Erkelenzer Rathaus, der Genehmigungsbehörde des Zuges, zu hören. So sprach Erster Beigeordneter Dr. Hans-Heiner Gotzen von "einem Aufschrei" und erklärte gegenüber unserer Redaktion: "Das sind keine singulären Ereignisse in Granterath gewesen. Wir stellen so etwas zunehmend auch an anderen Stellen fest und suchen nach Lösungen. Hetzerath hat seinen Nachtzug ja auch schon wegen der Unvernunft von Besuchern eingestellt. Ich hoffe, dass das Signal aus Granterath nicht ist, dass sich das Brauchtum zurückzieht, sondern dass es ein Signal an uns alle ist, dass wir alle, wo wir es können, dieser Unvernunft entgegentreten."

(spe)
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