Erkelenz RWE kämpft gegen illegale Cross-Fahrer

Erkelenz · Enduro-Fans aus der ganzen Region kommen in den Tagebau, um dort ihre Maschinen auszuprobieren. Sie schrecken nicht einmal vor den 50 Meter hohen Böschungen zurück. Weil Lebensgefahr besteht, schaltet RWE die Polizei ein.

Der Tagebau wird immer mehr zur illegalen Spielwiese für Enduro-Fahrer. Mittlerweile durchziehen etliche Trails das östliche Restloch von Garzweiler. Sogar an den steilen Hängen sind Spuren der geländegängigen Motorräder deutlich zu erkennen. "Es gibt Tage, da sind hier 30 bis 40 Fahrer gleichzeitig auf unserem Gelände unterwegs", sagt Tagebauchef Lutz Kunde. Und er warnt: "Was die hier regelmäßig auf unserem Gelände veranstalten, ist nicht nur Hausfriedensbruch, sondern auch lebensgefährlich."

RWE Power will dem riskanten Spiel nun ein Ende bereiten, dabei setzt das Unternehmen auf die Unterstützung der Polizei. Außerdem schrieb Lutz Kunde unter anderem Schulleiter in Erkelenz an, damit dieses wiederum ihre Schüler auf die Risiken beim Geländemopedfahren hinweisen. Entdeckt worden sei in den Sozialen Netzwerken eine Gruppe von bis zu 30 jungen Motorradfahrern, heißt es in dem Brief, die 16 bis 18 Jahre alt und damit noch Schüler sein könnten.

Der vorerst letzte Unfall ereignete sich vor knapp einem Monat. Zwei Endurofahrer - beide noch keine 20 Jahre alt - waren auf dem sandigen Boden gestürzt. "Einer zog sich einen Schlüsselbeinbruch zu, der andere kam mit schweren Prellungen davon", sagt Kunde: "Und beide haben noch Glück im Unglück gehabt." Denn im südlichen Restloch von Garzweiler, in der Nähe von Jackerath, ist es sogar schon zu einem Todesfall gekommen. "Ein Fahrer stürzte so schwer, dass er auf dem Weg zum Krankenhaus verstarb", berichtet Lutz Kunde. Die Fahrer kommen aus der gesamten Region. Sie laden ihre kennzeichenlosen Motorräder auf Kleintransporter, die am Rande des Tagebaus abgestellt werden. Von dort aus suchen sie sich "Schlupflöcher", um in die Grube zu gelangen. Mittlerweile kursieren im Internet etliche Fotos von Fahrmanövern in der Grube und von Fahrern, die vor den gewaltigen Absetzern posieren. Der Werkschutz patrouilliert zwar mit Geländewagen im östlichen Restloch - doch: "Die Endurofahrer sind meist schneller. Sobald sie eines unserer weißen Fahrzeuge sehen, geben sie Gas und verschwinden. Und jagen wollen wir sie eigentlich auch nicht, denn sonst könnten sie stürzen und sich verletzen."

Selbst vor den 30 bis 50 Meter hohen Böschungen mit Steigungen von mehr als 50 Prozent schrecken die Fahrer nicht zurück. Selbst dann nicht, wenn sich breite Erosionsrinnen in unmittelbarer Nähe befinden, die jederzeit abrutschen könnten. "Das ist an Leichtsinn kaum mehr zu überbieten", sagt Kunde.

Die größte Sorge des Tagebaudirektors: Ereigne sich ein schwerer Unfall auf dem 15 Quadratkilometer großen Gelände, könne nur sehr schwer Hilfe geleistet werden. Ein verunglückter Fahrer könnte zwar mit seinem Smartphone die Kreisleitstelle in Neuss alarmieren - aber: "Er kann den Unfallort in dem riesigen, unübersichtlichen Gelände nicht bestimmen. Die Helfer müssten ihn suchen, dabei vergeht wertvolle Zeit", meint Kunde: "Außerdem sind Rettungswagen nicht geländegängig und völlig ungeeignet für einen Tagebau, da müssten Ärzte und Sanitäter gleich mit dem Hubschrauber anrücken."

Da die illegalen Fahrten in der jüngsten Vergangenheit zugenommen haben, will RWE Power nun Aktionen in Zusammenarbeit mit der Polizei starten. Nicht nur im Tagebau, sondern auch an den rund um die Grube liegenden bekannten Treffpunkten der Enduro-Enthusiasten werden in den nächsten Wochen Kontrollen unternommen. "Wir wollen, dass das endlich aufhört - nicht nur, weil es auf unserem Werksgelände passiert, sondern weil es lebensgefährlich ist." Das östliche Restloch wird zurzeit zugeschüttet. Doch eine Hilfe gegen Endurofahrer ist das nicht. Die gesamte Aktion wird rund 15 Jahre dauern.

(RP)
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