Erkelenz Stadtrat diskutiert den Umgang miteinander

Erkelenz · Grünen wollten Verhaltensregeln in Geschäftsordnung. Andere sahen Eid auf Gesetz als ausreichend.

In der Politik wird um Positionen gerungen, manchmal gestritten und manchmal dabei über das Ziel hinaus geschossen. Um das in Zukunft zu verhindern, hatte die Grünen-Fraktion im Erkelenzer Stadtrat beantragt, die Geschäftsordnung zu ergänzen. Aufgenommen werden solle analog dem Allgemeinen Gleichstellungsgesetz, dass "Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität" zu verhindern oder zu beseitigen seien. Eine Mehrheit fand der Antrag nicht.

Die Begründung für eine Ablehnung des Antrags hatte die Grünen-Fraktionsspitze, Beate Schirrmeister-Heinen und Hans Josef Dederichs, in ihrem Antrag schon selbst mitgeliefert: "Eigentlich ist diese Verpflichtung rechtlich nicht notwendig, da alle Mitglieder des Rates und auch die Sachkundigen Bürger gemäß der Eidesformel verpflichtet sind, unter anderen das Grundgesetz und die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland zu wahren." Dass der Antrag dennoch gestellt wurde, hat eine Vorgeschichte, die in den November 2016 zurückreicht. Damals soll Ratsherr Karl-Heinz Frings (Bürgerpartei) in einer informellen Runde von Ratsmitgliedern sich gegenüber der Grünen-Vertreterin Dignanllely Meurer "diskriminierend" und "nicht hinnehmbar" geäußert haben. Meurer machte das wie berichtet in der Ratssitzung im Dezember öffentlich. Frings, der krankheitsbedingt nicht anwesend war, betonte damals auf Nachfrage unserer Redaktion, solche Äußerungen nicht getan zu haben. Der Grünen-Politikerin war es im Dezember allerdings nicht darum gegangen, nur ein einzelnes Verhalten zu kritisieren, sondern auch darum aufzuzeigen, dass alle anderen in der Runde anwesenden Politiker darauf nicht mit Ablehnung, sondern mit Gelächter reagiert hätten. Auf das informelle Treffen der Ratsfraktionen wie auch die Ratssitzung im Dezember lenkte der Grünen-Antrag jetzt noch einmal den Blick. Die Fraktionsspitze schrieb darin: "In der Realität ist festzustellen, dass entwürdigende Verhaltensweisen vorkommen." Und Schirrmeister-Heinen ergänzte in der Ratssitzung am Mittwoch: "Das haben wir alle schon erlebt und haben nie etwas gesagt", wenngleich sich die Situation besser als früher darstelle.

Dass der Antrag trotz der von der Grünen-Fraktion mitgelieferten Argumente für eine Ablehnung gestellt wurde, hat auch etwas mit Entsetzen zu tun. Darüber berichtete Meurer. In einer informellen Runde von Fraktionsvertretern nach der Dezember-Ratssitzung solle darüber diskutiert worden sein, "warum ich es wage, so etwas öffentlich anzusprechen", anstatt dass die Kritik selbst thematisiert wurde: "Ich war geschockt."

Grüne und SPD führten Argumente ins Feld, die eine Zustimmung zum Antrag ermöglicht hätten. "Wir sollten damit nach außen hin dokumentieren, dass der Rat solche Äußerungen nicht hinnimmt", forderte Ferdinand Kehren (SPD) ein Zeichen. Und die stellvertretende Bürgermeisterin Astrid Wolters (SPD) sah die Möglichkeit, "die Geschäftsordnung des Rates, in der ich ein Leitbild unserer Arbeit sehe, darum zu ergänzen, wie wir miteinander umgehen wollen". CDU und FDP hingegen verwiesen auf die Verpflichtung eines jeden Kommunalpolitikers, die Gesetze zu achten. Damit seien die Grenzen klar gesteckt. Und dass in den offiziellen Sitzungen diese Grenzen auch eingehalten würden, machte Bürgermeister Peter Jansen (CDU) deutlich, der die in dem Antrag enthalten Kritik zurückwiese, "dass es in den Sitzungen zugehen könne wie es wolle".

Reicht die Verpflichtung auf das Gesetz, oder bedarf es einer weitergehenden Regelung? Beide Sichtweisen haben ihre Argumente, letztlich aber zählt wohl, was Rainer Merkens (CDU) feststellte: "Solche Regelungen aufzunehmen, ändert nichts am Verhalten."

(spe)
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