Erkelenz Streitthema Nr. 1: überhängende Hecken

Erkelenz · Hans Lennartz war zehn Jahre als Schiedsmann tätig. Bei seinem Abschied berichtete er über viele Fälle, in denen er half, ohne die offizielle Maschinerie in Gang zu setzen: "Man glaubt nicht, wie wenig die Menschen miteinander reden."

 Schiedsmann Hans Lennartz (M.) ist nach zehn Jahren im Erkelenzer Rathaus aus seinem Amt verabschiedet worden.

Schiedsmann Hans Lennartz (M.) ist nach zehn Jahren im Erkelenzer Rathaus aus seinem Amt verabschiedet worden.

Foto: Speen

Das Schiedsamt ist ein Ehrenamt, das mit Eigennutz nichts zu tun hat, sagt Hans Lennartz, der diese Aufgabe in Erkelenz zehn Jahre lang ausgeübt hat: "Ich habe das gemacht, um meinen Mitmenschen zu helfen." Und in der Tat hat Lennartz vielen Menschen geholfen: "70 bis 80 Fälle habe ich verhandelt, die Anzahl der Tür-und-Angel-Fälle ist jedoch mindestens doppelt so hoch gewesen." Dies seien Probleme, die er beispielsweise bei Ortsterminen in Gesprächen habe lösen können, noch bevor der Fall mit einem Aktenzeichen versehen und damit offiziell wurde.

Nach zehn Jahren hat Hans Lennartz das Amt niedergelegt. Acht Jahre lang übte er das Schiedsamt neben seinem Beruf als Polizist aus, danach noch weitere zwei Jahre im Ruhestand. Mal sei er nach Beleidigungen eingeschaltet worden, mal nach Streit im Verein, vor allem aber aufgrund von Streitigkeiten unter Nachbarn. "Viel ging es um überhängende Hecken", blickt Lennartz zurück. Hierbei sei allerdings auch der x-te Fall nicht langweilig geworden: "Jeder Mensch ist anders. Man lernt viele Interna kennen." Jede Situation sei aufs Neue interessant gewesen.

Gelernt hat der Katzemer bei der Ausübung seines Ehrenamtes viel über den Menschen an sich. Besonders aber eines: "Man glaubt nicht, wie wenig die Menschen miteinander reden." Deshalb hat er auch so viele Probleme lösen können, noch bevor der Fall offiziell wurde und in einen Vergleich mündete: Lennartz hat, wo möglich, das Gespräch vermittelt. Und auch da, wo das Gespräch erst in der Verhandlung geführt werden konnte, war ihm wichtig, dass sich die Menschen in seiner Gegenwart einmal richtig aussprechen. Er erinnert sich deshalb gerne an einen Fall, "in dem wir uns sechs oder sieben Stunden im Kreis gedreht haben, bis beide Parteien zum Schluss dann doch noch zu einem Ergebnis gekommen sind". Oder an einen anderen Fall zwischen Nachbarn, "wo über viele Jahre angestauter Ärger gelöst werden und das Verhältnis wieder auf ,neutral' gestellt werden konnte".

Schiedsleute sind für die Gerichte goldwert. "Sie nehmen der Justiz viel Arbeit ab, vor allem bei Nachbarschaftsstreit, der unter den Zivilrechts-Streitigkeiten zu den härtesten Sachen gehören", erklärt Dr. Stefan Meuters, stellvertretender Direktor des Amtsgerichts Erkelenz. Berufsrichter bekämen dank der Schiedsfrauen und Schiedsmänner nur wenig mit, "zu welchen Streitigkeiten es in Nachbarschaften kommen kann". Vor allem aber erführen sie dank der Ehrenamtlichen eine große Entlastung. Er danke Hans Lennartz, dass er dazu zehn Jahre beigetragen habe. Bürgermeister Peter Jansen dankte für die Stadt Erkelenz ebenfalls sehr, schließlich handele es sich um eine Tätigkeit, "von der alle Bürger in Erkelenz profitieren".

Inzwischen hat Walter Schiller den Bezirk von Lennartz übernommen und bereits erste Fälle aufgegriffen. Zuständig ist er wie sein Vorgänger für das Erkelenzer Stadtgebiet östlicher der Bundesstraße 57 mit Ausnahme des Stadtkerns, der einen eigenen Schiedsbezirk darstellt.

(spe)
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