Erkrath/Kreis CO-Pipeline: Bürgerproteste erfolgreich?

Erkrath/Kreis · Heute entscheidet sich vor dem Oberverwaltungsgericht Münster, ob die umstrittene Kohlenmonoxid-Leitung von Bayer je in Betrieb gehen kann. In Erkrath protestieren die Bürger mit Mahnschildern gegen die Leitung.

 Heute entscheidet sich vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster, ob der Leverkusener Konzern sein Projekt weiterverfolgen kann oder begraben muss.

Heute entscheidet sich vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster, ob der Leverkusener Konzern sein Projekt weiterverfolgen kann oder begraben muss.

Foto: dpa

Es war ein dunkler, nieseliger Novembertag im Jahr 2006. Im Erkrather Tiefbauamt lagen zwei dicke Aktenordner aus, die jeder Bürger einsehen konnte. In den Ordnern: Der angekündigte Bau einer Ferngas-Leitung. Mehr oder weniger nebenbei war noch von einer Leitung die Rede, mit der der Bayer-Konzern Kohlenmonoxid zwischen seinen beiden Werken Krefeld-Uerdingen und Dormagen transportieren wollte. Die ersten Bagger rollten bereits an. Die Öffentlichkeit wurde vorher nicht wirklich informiert.

Zunächst nahm davon kaum einer Notiz. Bis sich die ersten Bürger und Politiker - angespornt durch die ersten Medienberichte - mal etwa genauer mit dem Thema Kohlenmonoxid und Pipeline beschäftigten. In Erkrath führt die Trasse parallel zur Autobahn 3 durch das Stadtgebiet. Das Gas ist geruchslos, farblos - für die menschliche Sinne nicht wahrnehmbar und tödlich. Was wäre wenn? Etwa ein Lastwagen von der A3 stürzt und die im Boden liegende Pipeline beschädigt. Würden große Mengen Gas ausströmen? Die Feuerwehr wäre weitgehend hilflos - so viel war schnell klar. Unterdruckkammern, um eine Vergiftung mit Kohlenmonoxid zu behandeln gibt es zwar - aber in der näheren Umgebung bei weitem nicht genug. Die Bürger gingen auf die Barrikaden. An der Unterfeldhauser Max-Planck-Straße wurden die ersten Holzkreuze aufgebaut.

Dort hing in den ersten Wochen ein Plakat von jungen Erkrather Christen mit dem Spruch: "Jesus ist für Gott gestorben - wir sterben für Bayer". Das Banner ist aber nach Protesten abgenommen worden, sagt Wolfgang Cüppers, der sich mit der Erkrather Interessengemeinschaft von Beginn an gegen die Pipeline engagiert. Geblieben sind aber die Proteste. Zahllose Mahnwachen, Demonstrationen durch Erkrath und an den Baustellen der Leitung, Fackelzüge - bald konnte niemand mehr behaupten, nichts von der CO-Pipeline zu wissen. Von Anfang an überhaupt nicht begeistern waren auch die Städte im Kreis Mettmann. Die Stadt Erkrath und der Kreis Mettmann haben Privatleute unterstützt.

Heute entscheidet sich vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster, ob der Leverkusener Konzern sein Projekt weiterverfolgen kann oder begraben muss. Wolfgang Cüppers aus Erkrath wird vor Ort sein.

Er hofft, dass das OVG dem Projekt die Planungsgrundlage entzieht. Im Fokus steht dabei der Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung aufgrund des Rohrleitungsgesetzes, das der Landtag im März 2006 verabschiedete.

So untersagte das OVG vor sieben Jahren vorläufig die Inbetriebnahme der Leitung. In den Fällen, die heute verhandelt werden, geht es abermals um den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Düsseldorf. Angefochten haben ihn Heinz-Josef Muhr (80) aus Baumberg und zwei Leichlinger mit Grundeigentum in Langenfeld, über deren Grundstücke die Pipeline verläuft. Vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf bekamen die Kläger im Mai 2011 nur teilweise recht: Zwar stufte das Gericht den Beschluss als rechtswidrig ein, hält ihn aber für reparabel. Die Erdbebensicherheit der Leitung stellen die Kläger nun vor dem OVG in Frage, außerdem den Trassenverlauf (Warum werden zwei linksrheinische Werke rechtsrheinisch miteinander verbunden?) sowie die Zulässigkeit von Enteignungen. "Die Pipeline dient nicht dem Allgemeinwohl, sondern Bayer", sagt Muhr. Sollte das OVG dem Leitungsprojekt die Rote Karte zeigen, dann werde Bayer - so hofft Muhr - die "Brocken hinwerfen". Sollte es die Klagen abweisen, will der Baumberger vors Bundesverwaltungsgericht ziehen - und notfalls vors Bundesverfassungsgericht, um das Rohrleitungsgesetz zu kippen. Bayer möchte vor der Entscheidung keine Vorab-Wertung abgeben. "Nur soviel: Wir sind sehr froh, dass es nach all den Jahren nun zu Klärungen kommen kann", teilt Jochen Klüner, Pressesprecher von Bayer MaterialScience, mit.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort