Rocker-Razzia in NRW "Die Maschinen bekommt er sowieso wieder"

Am Morgen hat die Polizei in 16 NRW-Städten Räume der Hells Angels und der Untergruppe Clan 81 durchsucht. Dabei wurden vielerorts Motorräder sichergestellt. Schwerpunkt der Aktion war Erkrath.

Als am Mittwoch um 8.01 Uhr die Sonne aufgeht, ist die Polizei in Hochdahl schon zwei Stunden im Einsatz. Mit Unterstützung von Spezialkräften und mehreren Dutzend Beamten werden in Erkrath insgesamt zwölf Wohnungen durchsucht. Am Hochdahler Markt klingeln die Beamten in einem Hochhaus schon morgens um 6 Uhr. In einer Wohnung lebt offenbar ein Mitglied des Hells Angels Clubs "Concrete City".

"Die Mitglieder des Vereins sind nachweislich kriminell. Ihr Alltag besteht aus Gewalt, Waffen, Drogen und Zwangsprostitution", heißt es in einer Verfügung des Innenministeriums. Seit den frühen Morgenstunden ist die Mitgliedschaft in dem Verein Hells Angels Concret City sowie seiner Unterstützer-Organisation "Clan 81" verboten. Die Polizei setzt das Verbot nun durch.

Razzia gegen Rocker der Hells Angels in NRW 2017
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Razzia gegen Rocker in NRW

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Foto: Oliver Wiegand

Insgesamt fanden am Morgen Razzien in 16 NRW-Städten statt, unter anderem in Krefeld, Leverkusen, Neuss, Ratingen, Köln und Düsseldorf. Mehr als 700 Polizisten waren im Einsatz, darunter auch Spezialeinsatzkräfte. Festnahmen gab es NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) zufolge bei der Großrazzia nicht. "Es gab keinen Grund, jemand in Gewahrsam zu nehmen, sondern das Vermögen wurde beschlagnahmt", sagte er. Bislang seien neun Motorräder, 15 Kutten, 13 Messer, ein Gewehr, ein Revolver, eine Armbrust und mehr als 60.000 Euro Bargeld sichergestellt worden. Die Aktion der Polizei, an der auch Beamte aus Niedersachsen, Hessen und Bayern sowie des Zolls beteiligt waren, sei Teil der "Null-Toleranz-Strategie" der Düsseldorfer schwarz-gelben Landesregierung gegen kriminelle Rockerbanden. Wie in der Vergangenheit auch würden Rockergruppen verboten, sobald die Voraussetzungen vorliegen, sagte der Minister.
"Es geht nicht um Motorradfahrer-Romantik. Es handelt sich um kriminelle Organisationen."

Computer und Laptops beschlagnahmt

"Unsere Beamten haben den Mitgliedern das Verbot schriftlich überreicht", sagt Ulrich Löhe, Sprecher der Polizei im Kreis Mettmann am Morgen. Bei der Gelegenheit werden auch die Wohnungen der Hells Angels durchsucht und dabei Computer und Laptops beschlagnahmt. Die Beamten haben aber auch den Auftrag, das "Vereinsvermögen" des Clubs sicherzustellen.

Dazu gehören offenbar hochwertige Harley-Davidson-Maschinen, die in Erkrath-Hochdahl gleich an zwei Standorten beschlagnahmt werden. Im Stadtteil Trills ist ein örtlicher Abschleppunternehmer mit mehreren Angestellten vor Ort, um gleich zwei Harleys aus einer Garage im Hinterhof herauszuholen und zu verladen.

Die Alarmanlage einer Maschine lässt sich nicht abschalten, das laute Signal ist weithin zu hören. Von den Besitzern der beiden Maschinen ist weit und breit nichts zu sehen. Nachbarn gucken hinter den Gardinen hervor, mit Journalisten sprechen möchte aber niemand.

Einige Hundert Meter weiter in der Nähe des S-Bahnhofs Millrath ist ebenfalls ein Großaufgebot der Polizei im Einsatz, um zwei Motorräder sicherzustellen. Der Besitzer zeigt sich zunächst kooperativ, hilft den Mitarbeitern des Abschleppunternehmens dabei, die Maschine vorsichtig zu verladen. Kamera-Teams und Fotografen möchte er nicht so gerne dabei haben. Allerdings hat er bereits seinen Anwalt eingeschaltet, der nur eine halbe Stunde später tatsächlich vor Ort ist und mit den Einsatzleitern darüber diskutiert, ob die beiden Motorräder tatsächlich mitgenommen werden dürfen.

Die Rede ist davon, dass sie gar nicht auf das mutmaßliche Hells-Angels Mitglied angemeldet sind. Der Anwalt redet ziemlich laut und weithin verständlich, und es fallen Wortfetzen wie "die beiden Maschinen bekommt er sowieso wieder". Zu entscheiden, ob das tatsächlich der Fall ist, wird später die Aufgabe von Richtern sein. Doch beide Maschinen werden nicht wieder vom Abschleppwagen herunter geladen und später doch mitgenommen. Fakt ist, dass die Polizei die Mitglieder von Rocker-Clubs in Erkrath besonders im Blick hat.

Erkrather Rockerszene ist bekannt

Im Sommer 2016 war es auf dem Hochdahler Markt zu einer Massenschlägerei zwischen zwei libanesischen Großfamilien gekommen. In eine der Gruppen hatten sich Mitglieder der Hells-Angels gemischt. Nur mit dem Einsatz einer Hundertschaft konnten damals größere Ausschreitungen verhindert werden. Bei dem Einsatz wurden mehrere Polizisten schwer verletzt.

In Hochdahl ist es schon mehrmals zu Treffen der Hells Angels in einem Café gekommen, die allerdings friedlich verliefen. Darüber hinaus gibt es im Stadtteil-Sandheide ein Geschäft, in dem Unterstützer-Artikel für die Hells Angels verkauft werden.

Anwalt kritisiert Einsatz

Hells Angels-Anwalt Wolf Bonn kritisierte den Großeinsatz am Mittwoch. Die Polizei sei über das Ziel hinausgeschossen, sagte er. "Da sind Dinge beschlagnahmt worden, die nicht vom Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf umfasst sind", sagte Bonn, der die Hells Angels und den Clan 81 vertritt.

Der Gerichtsbeschluss erlaube zwar die Beschlagnahme von gewissen Beweismitteln, die Polizei habe aber auch Privateigentum wie etwa Motorräder, Uhren, Bargeld und sogar eine Bachelorarbeit mitgenommen. "Wir versuchen nun, uns einen Überblick über die Maßnahmen und betroffenen Personen zu verschaffen und prüfen rechtliche Schritte gegen das Vereinsverbot", sagte der Anwalt.

Innenminister Herbert Reul widersprach: Bei den Motorrädern handele es sich um Vereinsvermögen. "Wenn die Damen und Herren aus diesem Club der Meinung sind, das wäre falsch, gibt es die Möglichkeit, das zu beweisen. Die sind jetzt bei uns und stehen sicher verwahrt", sagte Reul.

Mit Material von der Nachrichtenagentur dpa.

(wie)
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