Erkrath Russische Erzieherinnen auf Studienreise in Kitas

Erkrath · Elf Kindergärtnerinnen aus Gubkin besuchen auf Einladung des Vereins Integral Erkrather Einrichtungen. Ein Gegenbesuch ist geplant.

 Russische Kindergartenleiterinnen informierten sich im Johanniter-Familienzentrum in Hochdahl.

Russische Kindergartenleiterinnen informierten sich im Johanniter-Familienzentrum in Hochdahl.

Foto: Dietrich Janicki

Erst im Mai besuchte eine Lehrer-Delegation aus der im Südwesten Russlands gelegenen Stadt Gubkin auf Initiative des Vereins Integral Erkrath und informierte sich am Gymnasium Hochdahl über fachliche und pädagogische Schwerpunkte unseres Schulsystems. Jetzt sind elf russische Erzieherinnen zum Erfahrungsaustausch und Kennenlernen des Kindergartenalltags vor Ort.

"Bei uns fehlt die pädagogische Freiheit", brachte Natalia Polykova den auffälligsten Unterschied zwischen dem deutschen und dem russischen Erziehungssystems bei einem Besuch im Johanniter-Familienzentrum in Hochdahl auf den Punkt. Gemeinsam mit sieben weiteren Kindergartenleiterinnen, einer Erzieherin, einer Musikpädagogin und einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin aus Gubkin, Russland, ist die Kita-Leiterin eine Woche zu Gast in Erkrath. Auf dem Programm stehen Besuche in der Kindertagesstätte Kattendahl, im Kinderhaus Sandheide und der Austausch mit Vertretern des Jugendamtes Erkrath und des Kreis-Gesundheitsamtes.

Ein strikter Vorgabenplan bereite in Russland die Kindergartenkinder auf die Schule vor und es bestehe ein Art Kindergartenpflicht, erklärte Polykova: Familien, die ihre Kinder zu Hause halten wollen, bekommen Unterstützung von einer Fachkraft. Dies seien jedoch nur wenige. In Gubkin besuchen 96 Prozent der Klein- und Vorschulkinder eine der 47 Tageseinrichtung.

"Die Erzieherinnen in Russland arbeiten methodisch-didaktisch anders als wir hier", hat Ludmilla Sander, Leiterin der Johanniter-Kindertagesstätte, gelernt: "Während in Russland wissenschaftlich festgelegt wird, was die Kinder brauchen und wie man dies fördert, arbeiten wir in Deutschland partizipativ und individuell. In Russland ist der Tagesablauf sehr verplant, in Deutschland richten wir uns mehr nach den Bedürfnissen der Kinder." Dafür punkten die russischen Kindertageseinrichtungen mit anderen Vorzügen: Fachärzte wie Logopäden, Psychologen oder Ergotherapeuten mit pädagogischer Spezialisierung sind in vielen Kitas fest angestellt. Der Staat übernimmt in der Regel 80 Prozent der Kindergartenkosten. Alleinerziehende zahlen weniger, Familien mit drei oder mehr Kindern nichts. Kinder im Alter von sechs Monaten bis zu sieben Jahren können in den städtischen Einrichtungen von 7 bis 19 Uhr betreut werden, bekommen dort fünf Mahlzeiten.

Einrichtungsleiter müssen ein Hochschulstudium absolviert haben; bei den Erziehern ist dies zumindest erwünscht. Weiterbildungen sind Pflicht. Zu einem Basisgehalt kommen leistungsabhängige Bonuszahlungen, beispielsweise beim Nachweis von Fortbildungen oder wenn die Kita, in der man arbeitet, eine Auszeichnung erhalten hat. Das Gehaltsmodell gefällt auch Ludmilla Sander: "Das motiviert und ist eine Anerkennung für die eigenen Leistungen." Gerne würde sie sich das russische Erziehungssystem einmal vor Ort anschauen. "Wir haben in unserer Kita viele russische Kinder. Eine Studienreise wäre für uns schon hilfreich, um deren Hintergrund zu verstehen." Vielleicht könnte ein Gegenbesuch in Gubkin in 2015 Realität werden. Pavel Vaysman, Vorsitzender von Integral, hat Werner Meier vom Jugendamt darauf angesprochen. Der zeigte sich interessiert.

(nima)
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