Erkrath Wenn Radfahrer über Rot fahren dürfen

Erkrath · Mit der "Critical Mass" nutzen Zweiradfahrer eine Lücke in der Straßenverkehrsordnung. Wenn mehr als 15 Radfahrer als geschlossener Verband fahren, können die letzten sogar über rote Ampeln fahren.

 In Unterfeldhaus waren mehr als 15 Radfahrer auf der Straße unterwegs und bildeten damit einen geschlossenen Verband.

In Unterfeldhaus waren mehr als 15 Radfahrer auf der Straße unterwegs und bildeten damit einen geschlossenen Verband.

Foto: Peer Weber

In Alt-Erkrath und Unterfeldhaus ist es ja nicht allzu bergig. Mit dem Fahrrad kann man sich da schon ganz gut fortbewegen, erst recht, wenn an den etwas steileren Stücken noch der Elektromotor Hilfe leistet. Fahrradfahren ist nicht nur in den großen Städten wieder richtig in Mode gekommen.

Seit einigen Jahren gibt es eine neue Bewegung, die sich "Critical Mass", auf Deutsch "Kritische Masse" nennt. Der Begriff stammt eigentlich aus dem Bereich der Kernphysik und meint die Mindestmasse eines aus spaltbarem Material bestehenden Objektes, ab der die effektive Neutronenproduktion eine Kettenreaktion der Kernspaltung aufrechterhalten kann. Verstanden? Muss man auch nicht. Denn die Radfahrer nutzen den Begriff ganz anders.

Die kritische Masse sind sie selbst. Sie berufen sich auf die Straßenverkehrsordnung. Demnach dürfen mehr als 15 Radfahrer als ein so genannter "geschlossener Verband" auf der Straße fahren. Die gesamte Gruppe gilt dann als ein Fahrzeug von der Spitze bis zum Ende. Fährt also der erste Radfahrer über eine grün zeigende Ampel, dürfen alle hinterherfahren, auch wenn die Ampel beim letzten Fahrer bereits auf Rot steht. Darüber hinaus ist dieser Verband nicht verpflichtet, die Radwege zu nutzen, auch wenn es welche gibt. Vor wenigen Tagen haben sich nun in Erkrath die ersten Radfahrer getroffen, um besagte "Critical Mass" auf der Straße zu bilden. Bei bestem Wetter und mit guter Laune und Musik fuhr der beeindruckende Verband von Radfahrern vom Hochdahler Markt nach Unterfeldhaus zum Neuenhausplatz, wo eine Trinkpause eingelegt wurde, berichtet nun Peer Weber, einer der Teilnehmer der ersten "Critical Mass"-Fahrt in Erkrath. Anschließend ging es weiter nach Erkrath vor das Rathaus. Dort endete die Fahrt durch die Stadtteile mit einem Gruppenfoto. Die Gespräche zeigten, dass die Qualität und Pflege der Radwege in Erkrath verbesserungswürdig ist. Die Radfahrer haben viele Löcher, lose Steine, Scherben, Hecken und stachelige Brombeersträucher, die in die Wege wachsen, am Straßenrand erlebt. Darüber hinaus gibt es immer wieder Einmündungen, bei denen man besonders auf Autos achten muss.

Immer wieder ein Ärgernis vor allem auf dem Ankerweg: Nicht angeleinte Hunde auf dem kombinierten Fuß- und Radweg. "Die Infrastruktur und deren Pflege hält dem Fahrradboom nicht stand", sagt Weber. Dies scheint auch Folge der stockenden Umsetzung des vorhandenen Radverkehrskonzepts in Erkrath zu sein, so Weber weiter. Die nächste Critical Mass ist schon geplant. Los geht es am Mittwoch, 16. August, um 18.40 Uhr vor den Erkrather Rathaus. Das Motto lautet: "Jeder bringt noch eine/n mit!"

Die Polizei im Kreis Mettmann hat übrigens überhaupt nichts dagegen. Sprecherin Claudia Partha bestätigte, dass eine Gruppe von mehr als 15 Radfahrern als geschlossener Verband angesehen wird. Es gibt also keine Knöllchen, wenn der letzte Radler bei Rot fährt.

(RP)
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