Geldern 15 Jahre Beratung gegen soziale Kälte

Geldern · Heinrich Lenders gibt sein Ehrenamt als Berater des Sozialverbands VdK auf. In all der Zeit hat er vieles gehört. Sein Fazit: Heute gibt es viel mehr Ratsuchende als früher, und die Behörden gehen ruppiger mit ihnen um.

 Heinrich Lenders (2. von rechts) wurde nach seiner 15-jährigen Tätigkeit als Berater beim VdK von Hans-Leo Heußen, Hermann Lünemann, Volker Latus, Bernd Süselbeck und Heinz Ingendahl (von links) verabschiedet.

Heinrich Lenders (2. von rechts) wurde nach seiner 15-jährigen Tätigkeit als Berater beim VdK von Hans-Leo Heußen, Hermann Lünemann, Volker Latus, Bernd Süselbeck und Heinz Ingendahl (von links) verabschiedet.

Foto: gerhard seybert

Viel hat sich im Laufe von nur 15 Jahren verändert, berichtet Heinrich Lenders. Das Auffälligste: Es gibt mehr Ratsuchende als früher, und ihre Zahl steigt weiter. Eigentlich fing seine Beratungsstunde immer um 16 Uhr an, "aber ich bin um 15 Uhr da, weil die Leute dann schon warten", erzählt er. Und abends "ist es auch schon mal halb acht geworden". Die Leute fragten ihn dann ängstlich, ob sie überhaupt noch dran kämen, und er versicherte: "Ich lasse niemanden stehen, ich schicke niemanden nach Hause - das mache ich nicht."

Als Berater in Rentenangelegenheiten und zu den Rechten von Behinderten ist Heinrich Lenders in Geldern zur Institution geworden. Früher kannten Wachtendonker ihn als Leiter des dortigen Sozialamtes. Nach seiner Pensionierung 1999 übernahm er als Ehrenamt die VdK-Beratung in Geldern. Jetzt, im Alter von 76 Jahren, zieht er sich von dem Posten zurück.

Der Sozialverband VdK hält als Verein die Interessen von Menschen mit Behinderungen, von chronisch Kranken und Rentnern, aber auch von Kriegs-, Wehrdienst- und Zivildienstopfern hoch. Er leistet politische Lobbyarbeit, vertritt Mitglieder aber auch ganz direkt, zum Beispiel in Gerichtsprozessen. Er leistet außerdem Aufklärung und Beratung.

Die Themen der Klienten haben sich verändert, berichtet Lenders. "Heute erstreckt sich das Gros meiner Beratungen auf das Schwerbehindertenrecht und das Rentenrecht", erklärt er. "In früheren Zeiten waren auch noch Kriegsbeschädigte, Kriegshinterbliebene und Waisen dabei." Immerhin wurde der VdK vor etwa 60 Jahren noch als "Verband der Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und Sozialrentner Deutschlands" gegründet.

Die Behörden, davon ist Lenders überzeugt, seien heute "brutaler" als früher, wenn es um die Ablehnung von Anträgen und den Umgang mit den Menschen geht. Sie nähmen sich zu wenig Zeit für Fälle, und es gehe ihnen nicht immer unbedingt darum, zu helfen. Vielmehr werde häufig gehandelt nach dem Motto: "Hauptsache, wir werden sie los", meint Lenders "Die rechnen nicht damit, dass die Antragsteller ihr Recht suchen."

Ganz speziell übt er Kritik am Kreis Kleve. "Viele Anträge werden einfach abgelehnt. Und wenn man dan in den Widerspruch geht, sieht die Sache doch noch anders aus", sagt er. "Bei 50 Prozent der Klagen, die vom VdK gegen den Kreis Kleve angestrengt werden, gewinnt auch der VdK."

So viel Not und Bedrückendes er in den letzten 15 Jahren auch auf den Schreibtisch bekam: "Die Erfolge, die haben mich immer wieder aufgebaut", sagt er. Und so ganz lässt er die Beratung wohl auch nicht hinter sich. Beim VdK hört er zwar auf - offiziell wird er niemanden mehr vertreten - "aber die Leute kommen auch zu mir nach Hause". Und die schickt er dann auch nicht einfach weg.

Die Nachfolge für seinen Posten ist übrigens bereits geregelt. Für die Beratung, die alle zwei Wochen in Geldern stattfindet, kommt eine Juristin oder ein Jurist - hauptamtlich, nicht mehr ehrenamtlich.

(RP)
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