Geldern Ärzte und ein Hotel ins alte Finanzamt

Geldern · Idee für das Gebäude an der Ecke Südwall/Gelderstraße: In die oberen Etagen will ein 40-Zimmer-Hotelbetrieb einziehen, ins Erdgeschoss ein Hausärztezentrum. Investor, Planer und Mediziner stehen schon parat.

Der Gelderner Architekt Engelbert Hanßen ist vom Standort des ehemaligen Finanzamtes schwer begeistert. "Eigentlich ideal. Stadtnah. Super Lage. Und beide Teile" - sowohl ein Hotel als auch ein Hausärztezentrum - "würden der Stadt guttun", sagt er.

Es gibt reichlich Parkplätze. Per Fassadenrenovierung könnte man die Optik der Immobilie aufmöbeln, "und der Baukörper wäre mit relativ wenig Aufwand modern zu gestalten", führt Hanßen aus. Einen Investor für ein Hotel hat er schon an der Hand. Angedacht sind 40 Zimmer von mittlerem Standard - gemeint sind etwa drei Sterne. Der Betrieb würde ein "Hotel Garni", also eines ohne echten Restaurantbetrieb. Das könnte die Gaststätten in der Umgebung freuen.

Ganz generell praktisch, auch fürs Ärztezentrum im Erdgeschoss: Das Gebäude sei mit wenigen tragenden Wänden errichtet, erläutert Hanßen. Das mache die Ausbau-Möglichkeiten äußert flexibel. "Ein Haus voller Möglichkeiten, das sich immer anpassen kann."

Einen Keller gibt es auch, zum Beispiel für Labors oder Röntgen-Raum der Praxis ebenso wie für Wirtschaftsräume des Hotels.

Als Initiator für das Hausärztezentrum steht der Gelderner Allgemeinmediziner Arne Kleinstäuber erwartungsfroh in den Startlöchern. Kein "Sammelsurium von Facharztpraxen", soll es werden, sagt er, sondern ein Zentrum ausschließlich für Haus- und Kinderärzte, also für die Grundverssorgung der Bevölkerung. Er sucht schon lange nach geeignetem Standort dafür. Das ehemalige Finanzamt sei "eine attraktive Location, wo so was auch wirtschaftlich möglich ist".

Mitstreiter hat er bereits: "Zurzeit bin ich mit zwei weiteren Doppelpraxen im Gespräch." Damit hätten insgesamt sechs Mediziner Interesse, bei der Gründung dabei zu sein.

Das besondere dabei: In der Einrichtung würden sich nicht nur selbstständige niedergelassene Ärzte zusammentun, sondern sie würden auch solche im Angestelltenverhältnis beschäftigen. Und das heißt: Man könnte Teilzeitstellen für Hausärzte anbieten. Da wären Urlaube und flexible Arbeitszeiten kein Problem, und gleichzeitig wären für die Patienten komfortable Sprechzeiten möglich.

Bürgermeisterkandidat Jörg Grahl stellte die Konzepte gestern Abend bei einer Podiumsdiskussion zur Lage der Gesundheitsversorgung in Geldern vor. Er selbst hatte Architekt und Mediziner miteinander in Kontakt gebracht, da er ihre jeweiligen Pläne kannte. Ihre Ideen hält er für zukunftsweisend, vor allem mit Blick auf den drohenden Ärztemangel in der Region.

Junge Mediziner, die jetzt von den Unis kommen, wollten Familien gründen. Sie wollten wirtschaftliche Sicherheit und geregelte Arbeitszeiten. "Über das Ärztezentrum am Ort können die sich eine Existenz aufbauen", so Grahl. Und wenn die Gründer irgendwann in Rente gehen, könnten die Jüngeren, wenn sie wollten, übernehmen.

Arne Kleinstäuber pflichtet bei. Viele junge Ärzte "suchen nicht die 60-Stunden-Woche in der Selbstständigkeit", sagt er. Die Risiken und Belastungen einer Praxis-Gründung oder -Übernahme seien nicht mehr zeitgemäß. Darauf habe man inzwischen aber auch reagiert: "Das Arztrecht hat sich so geändert, dass wir angestellte Ärzte mit Kassenzulassung haben können."

Die bestehenden ländlichen Einzelpraxen in der Umgebung sollten durch ein Hausärztezentrum auch nicht ausgebootet werden, betont Kleinstäuber. Vielmehr seien auch "ortsübergreifende Kooperationen" möglich. Dass es im Kreis Kleve viel zu wenige Hausärzte gibt, sei klar, sagt er. Die Zeit dränge, um Nachwuchs zu locken: "Wir müssen jetzt was tun. In fünf Jahren müssen wir damit gar nicht mehr anfangen."

Das Finanzamtsgebäude gehört dem Land, das es veräußern möchte. Die Gelderner Stadtspitze habe gegenüber den Plänen für Hotel und Ärztehaus schon Offenheit signalisiert, so Grahl. Die politischen Gremien sollen damit befasst werden.

(RP)
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