Wachtendonk Altes Wasserwerk als Rahmen für Akte

Wachtendonk · Dieter Wiesmann aus Brüggen zeigt seine Fotos am Fliethweg in Wachtendonk. Er führt runde weibliche Formen und die Architektur eines alten Industriegebäudes zusammen. Jazz bei der Vernissage.

Weibliche, anmutige Nacktheit kontrastiert durch harte geometrische Formen der Industriearchitektur: Dieses Zusammenspiel oder auch Kontrast-Spiel ist in der Ausstellung "Ästhetischer Akt -Der morbide Charme des Raums" im Alten Wasserwerk in Wachtendonk zu bewundern.

Dieter Wiesmann ist der Fotograf, der dahinter steht. Das Besondere an dieser Ausstellung ist, dass die Fotografien nicht nur im Wasserwerk ausgestellt werden, sondern auch dort entstanden sind. Wiesmann ist durch Zufall auf das stillgelegte Wasserwerk im Grünen gestoßen. Sofort war er von dem "Kleinod", wie er es nannte, fasziniert. Das alte Wasserwerk wird zum Aussteller und Ausgestellten in einem. Seine markanten Elemente sind auf den Fotos wiederzuerkennen. So hat Wiesmann mit seinen Fotografien eine ganz neue Seite des Industriegebäudes zu Tage gebracht.

Für wirkungsvollen Lichteinfall sorgen die Glasbausteine, die auch als Hauptelement auftreten. Die Ausstellung zeigt, dass der einst gehasste, dem Spießertum zugeschriebene Baustein eindeutig zum Kult-Objekt geworden ist. In der Architektur lieferte der Glasbaustein Transparenz und Licht ohne Durchblick. Daneben gibt es noch vier weitere thematische Untergliederungen, die als Leitlinie durch die Ausstellung führen: Geometrie, Interieur, Rauminspirationen und Licht im Raum. Mit verschieden gesetzten Akzenten wirkt das Akt-Modell sinnlich herausfordernd, verletzlich oder eher passiv, wenn Licht oder Gebäude im Vordergrund stehen. Ohne viel Ablenkung treffen in den Fotos die weiblichen Rundungen auf den leeren großen Raum im Industrie-Stil. Lediglich gezielt eingesetztes Interieur dient als Hilfsmittel zum Dialog der Kontraste. Im Mittelpunkt der Arbeit stehen Licht und Sinnlichkeit.

Die Vernissage am Samstag war ein gelungener Auftakt. Sie wurde von einem Jazz-Ensemble begleitet. Die Begeisterung für das Alte Wasserwerk teilt der Brüggener Fotograf mit der Aqua-Gruppe. Horst Kern sprach bei der Vernissage als Vertreter für den Kulturkreis Wachtendonk Dank dafür aus, das alte Industriegebäude mit künstlerischem Leben zu füllen. Als kulturelles Schmuckstück wird das alte Wasserwerk von der Aqua-Gruppe als Teil des Wachtendonker Kulturkreises gepflegt. Nach 28 Jahren Betrieb steht das Werk schon seit 1982 still, da sich das Wasser nicht mehr als Trinkwasser eignete. Seit 1999 macht es sich die Aqua-Gruppe zur Aufgabe, das stillgelegte Wasserwerk als Kulturgut zu schützen.

Um die Vernissage-Besucher nicht zu sehr zu langweilen und die Fotografien für sich sprechen zu lassen, führte Wiesmann nur mit wenigen Worten ein und gab sich offen für Fragen. Den gebürtigen Münchner hat die Liebe an den Niederrhein gezogen. Mit seiner Familie lebt der Auftragsfotograf in Brüggen und betreibt ein Fotostudio. Nebenbei steckt er viel Herzblut in Kunstprojekte wie dieses. Auch Wiesmanns Sohn trug an der Bassposaune als Teil der Jazz-Darbietung zur Gestaltung der Vernissage bei. Der Künstler appelliert abschließend: "Kommen und gucken, denn die Kunst vor der Haustür ist nicht zu unterschätzen."

(HaK)
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