Geldern Aus dem Gelderland rollt die Hilfe an

Geldern · Gelderner haben sich zusammengetan und sammeln warme Kleidung für Menschen in Camps. Unterstützung bekommen sie von Flüchtlingen, die in Deutschland leben. Vor Weihnachten startet der erste Transport.

Menschen, die mit den Händen Unterstände graben, überflutete Flüchtlingslager und ein Mädchen, das in die Kamera sagt, dass es sich nichts mehr wünscht, als einen normalen Kindergeburtstag zu feiern, so wie andere Kinder auch auf der Welt. Es sind Bilder, die nachdenklich machen, erschüttern können. Aber Manfred Feldmann ist auch ehrlich. "Ich kann die Nachrichten nicht mehr wirklich hören, und ich habe überhaupt keine Idee, wie es besser werden kann." Aber Zuschauen mag der pensionierte Lehrer auch nicht.

Deswegen hat er zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. An einem Computer sitzt Hannah. Ihre Schwester Hazha erzählt, während Bilder über die Leinwand huschen, wie es in irakischen Flüchtlingscamps aussieht. Sie und ihre drei Schwestern haben die Flucht hinter sich. "Sie sind nicht aus wirtschaftlichen Gründen geflohen", sagt Manfred Feldmann an dem Abend noch einmal sehr deutlich. Die Schwestern haben studiert, sind Ingenieurinnen und hatten einen guten Job, bis der IS kam.

Hazha erzählt von der großen Stadt Mossul. Sie ist so groß wie München. Kulturstätten sind zerstört, Menschen fliehen. Seit zwei Jahren wird die Stadt vom IS besetzt. "Das Schlimmste auf der Flucht war die Kälte", das hatten die Frauen Manfred Feldmann erzählt. "Wärme schenken", lautet daher der Titel der Aktion, durch die Hilfe aus Geldern in die Flüchtlingscamps Iraks gebracht werden soll. Das irakische Kurdistan beherbergt 1,4 Millionen Flüchtlinge. In den offiziellen Camps der UN teilen sich die Menschen Zelte mit acht bis zehn Personen. Oft werden und bleiben Familien auseinandergerissen, weil die Sicherheitsbestimmungen, die den Zugang zu den Camps regeln, äußerst streng sind. Zu groß ist die - nicht unberechtigte - Angst vor Selbstmordattentätern, die sich dort in die Luft sprengen.

Mit der Aktion "Wärme schenken" soll nicht nur wärmende Kleidung zu den Menschen in den Irak geschickt werden, sondern auch ein Zeichen gesetzt werden, dass sie nicht vergessen sind. Kurz vor Weihnachten soll der erste Transport starten. Mit der Friedensbrücke Geldern haben sich die Initiatoren einen erfahrenen Partner ins Boot geholt. Aber die warme Kleidung für Kinder und Babys, die muss aus der Bevölkerung kommen.

Feldmann regt am Ende des Vortrags zur Ideensuche an. Auch Bedenken sollen geäußert werden, "weil es eine schwierige und große Nummer ist". Eines macht er klar: Einen Verwaltungsapparat, der bezahlt werden muss, den gibt es nicht. Ein Freund der irakischen Schwestern wird im Dezember den ersten Transport begleiten und sich um die Verteilung kümmern.

Die ersten 30 Kartons mit Hilfsgütern gibt es bereits aus Weeze. Beyza Kassern ist Gründerin des Projekts "Mit Wolle und Nadel gegen Terror" und hat von 1000 Strickerinnen aus ganz Deutschland Kleidung zur Verfügung gestellt bekommen. Sie ist froh, einen Weg gefunden zu haben, helfen zu können. In der Vergangenheit gingen die Stricksachen in die Türkei, nach Syrien und zuletzt nach Berlin, wo Flüchtlinge in der Kälte anstanden. Bisher wurden so 1630 Kilo Gestricktes verschickt. Alfred Mersch von der Gelderner Tafel verspricht, Zettel mit dem Spenden-Aufruf zu verteilen.

Am Ende des Abends sagt Manfred Feldmann: "Man kann die Welt damit nicht retten, aber man schafft einen Gegenpol zur Kälte", das ist seine Überzeugung. Und jeder, wirklich jeder, kann dazu beitragen.

(RP)
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