Geldern Autobetrug: Familie darf Wagen behalten

Geldern · Ein Betrüger hat Andre und Eileen aus Sonsbeck und Kapellen einen "Gebrauchtwagen" verkauft - in Wahrheit war es ein Mietwagen. Jetzt sagt das Gericht: Die zwei haben nichts falsch gemacht. Sie sind glücklich und unfassbar erleichtert.

 Das war Andre im Herbst vergangenen Jahres mit dem leeren Heft für die Fahrzeugpapiere. Im Hintergrund steht der Wagen, um den es geht. Er blieb, wo er war, und durfte nicht bewegt werden.

Das war Andre im Herbst vergangenen Jahres mit dem leeren Heft für die Fahrzeugpapiere. Im Hintergrund steht der Wagen, um den es geht. Er blieb, wo er war, und durfte nicht bewegt werden.

Foto: Seybert

Andre und Eileen aus Sonsbeck und Kapellen haben es geschafft. Glücklich meldete sich Eileen in der RP-Redaktion mit der Botschaft: "Wir haben gewonnen." Das Gericht habe festgestellt, dass sie und ihr Partner beim Autokauf Anfang 2016, bei dem sie an Betrüger gerieten, in ,gutem Glauben' gehandelt haben. Das heißt: "Dass wir so gehandelt haben, wie es eine Privatperson tun muss, und dass es für uns nicht ersichtlich war, dass da irgendwas nicht in Ordnung ist", erklärt Eileen. Die Eltern eines inzwischen zweijährigen Sohnes dürfen den Wagen behalten. Sie sei vor allem eines, sagt Eileen: "Erleichtert."

Der Fall hat im vergangenen Jahr für großes Aufsehen und viel Anteilnahme gesorgt. Die jungen Leute hatten das "Familienauto", einen VW Golf 7, für 15.000 Euro von einem Privatmann gekauft. Später stellte sich heraus: Es war ein Mietwagen. Die Papiere und der Ausweis des Verkäufers waren gefälscht. Die Autovermietung hatte die Finanzierung des Wagens erst kurz zuvor bei der VW-Bank gestartet, und diese verstand sich nun - bis er abbezahlt wäre - als Eigentümerin. Ihr Argument: Andre und Eileen hätten "grob fahrlässig" gehandelt. Sie hätten die Dokumente als Fälschungen erkennen müssen.

Es folgte ein Prozess, und diese Zeit erlebte die kleine Familie in großer Existenzangst. Ihre Ersparnisse waren weg. Andre ist beruflich auf ein Auto angewiesen, bekam aber keinen Kredit, um noch eines zu kaufen. Die laufenden Kosten für Leihwagen, die drohenden Prozesskosten und der Druck brachten das Paar an den Rand der Verzweiflung. Derweil stand das Auto vor der Tür und durfte nicht bewegt werden. In ihrer Not schrieben die jungen Leute sogar an den VW-Vorstand. Eileen schilderte in der RP damals sehr eindringlich ihre Gefühle: "Wut, Verzweiflung, Zermürbtsein vom dauernden Kampf und Sorgen."

Auch im Rückblick sagt sie: "Es ist nervenaufreibend gewesen. Aber jetzt sind wir dafür entschädigt worden."

Es gab auch Lichtblicke: Nach dem ersten RP-Bericht schenkte ein Gelderner Autohaus der Familie einen gebrauchten Kleinwagen. Auch, wenn der rasch ausfiel - die Geste war ein Mutmacher. Ein Leser aus Xanten riet ihnen dringend, nicht aufzugeben: Er war vor Jahren mit der gleichen Masche getäuscht wurden und hatte vor Gericht gesiegt. Sein damaliger Anwalt bestätigte seine Einschätzung zur Lage von Andre und Eileen: "Das klingt definitiv danach, dass sie kein Verschulden trifft." Nicht zuletzt stellte die VW-Bank ihnen ab Januar 2017 mit Blick auf die "außergewöhnliche Rechtssituation" einen Leihwagen.

Dieser Leihwagen soll nun Montag abgeholt werden. Dann muss "ihr" Golf erstmal in die Inspektion und über den Tüv: "Sobald wir die Papiere haben, können wir das alles machen", blickt Eileen voraus. Die VW-Bank könnte zwar noch in die Berufung gehen. "Aber sie hat ja im Vorfeld gesagt, dass sie das Urteil akzeptieren will." Das hatte das Kreditinstitut im Herbst auch gegenüber der RP erklärt.

Für die kleine Familie hat sich 2017 insgesamt sehr viel verändert. Andre und Eileen haben eine gemeinsame Wohnung für sich und ihren Sohn gefunden, was aus finanziellen Gründen richtig schwierig für sie war. Andre ist beruflich aufgestiegen, das Paar hat geheiratet - und jetzt endet der Auto-Nervenkrieg. Das Paar ist nun froh, den belastenden Weg zu Ende gegangen zu sein. "Im Endeffekt kann man sagen: Das war ein gutes Jahr", schließt Eileen.

(RP)
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