Geldern Bürger machen Front gegen mehr Lärm

Geldern · Anlieger protestieren gegen Pläne, die B58 am Seehotel vorbeizuführen. Es sei schön, wenn die Innenstadt vom Verkehr entlastet wird. Aber sie wollen nicht, dass das auf ihre Kosten geschieht. Schon jetzt sei der Straßenlärm kaum erträglich.

 Die Anwohner Kees Janssen, Andreas Willems sowie Monja und Rainer Spenrath (v.l.) im Garten an der Kapellener Straße. Sie wollen nicht dulden, dass ihnen noch mehr Auto- und Lkw-Verkehr vor die Haustüren gelenkt wird.

Die Anwohner Kees Janssen, Andreas Willems sowie Monja und Rainer Spenrath (v.l.) im Garten an der Kapellener Straße. Sie wollen nicht dulden, dass ihnen noch mehr Auto- und Lkw-Verkehr vor die Haustüren gelenkt wird.

Foto: Seybert

Bei jedem vorbeiratternden Lkw schnellen die Dezibel-Werte auf dem Schallpegel-Messgerät von Rainer Spenrath in die Höhe. Als er Mitte der 90er Jahre hier an der Kapellener Straße gebaut hat, "da sind hier 1000 Fahrzeuge am Tag langgefahren", sagt er. "Heute sind es 1000 in der Stunde."

"Der Lärm ist gewaltig", klagt Wilhelm Minten, der am Buchenweg wohnt. "Wenn wir auf der Terrasse sitzen, ist eine Verständigung schwer zu bewerkstelligen." Niemand könne nachts bei offenem Fenster schlafen, pflichtet Nachbar Kees Janssen bei, "und was man nicht vergessen darf: Der Feinstaub ist gefährlich. Man merkt das gesundheitlich". Und jetzt soll alles noch schlimmer werden.

In Geldern steht der Plan im Raum, möglichst viel Auto- und Lkw-Verkehr von der B 58 auf die Umgehungsroute Danziger, Königsberger und Kapellener Straße zu verlagern. Auch, wenn dadurch die Anlieger dieser Strecke das Nachsehen haben: Durch die Entlastung der Innenstadt ergebe sich insgesamt immer noch ein "ökologischer Netto-Gewinn" für die Stadt, haben Experten wie berichtet ermittelt.

Etliche Anlieger aus den betroffnen Wohngegenden wollen das nicht ohne Gegenwehr zulassen. 150 Unterschriften gegen die Pläne haben sie bis jetzt gesammelt.

Rainer Spenrath stellt die Untersuchungen zum Gelderner Lärmaktionsplan und der "Umstufung", also der Verlagerung des Verkehrs auf die Umgehungsroute, grundlegend infrage. So kritisierte er schon im Mai in einem Schreiben an die Stadtverwaltung: "Die angenommen Verkehrszahlen in den Gutachten sind unplausibel und geschönt."

In den Papieren finden sich voneinander abweichende Daten. Das sei mit "Nachbesserungen" erklärt worden, so Spenrath. Ein weiterer Kritikpunkt: Bei der Schätzung dazu, wie viel Verkehr auf die "neue" Route verlagert werden könnte, stützen sich die Berechnungen auf Fahrzeug-Zählungen an ausgerechnet denjenigen Abschnitten der heutigen B 58, die jeweils am wenigsten belastet sind.

Pkw und Lkw seien sehr ungleichmäßig verteilt, wird das im "Umstufungskonzept zum Lärmaktionsplan" begründet. Es sei notwendig, die jeweils niedrigsten Zahlen zugrundezulegen, um "rechnerisch negative Verkehrsmengen zu verhindern". Das heißt: Es werden auf jeden Fall mehr Fahrzeuge auf die neue Route gelenkt, als rein rechnerisch prognostiziert.

Die betroffenen Anwohner fürchten eine ganz erhebliche Mehrbelastung. "Meine grundsätzliche Sorge ist, dass die Politik aufgrund fehlerhafter und unvollständiger Grundlagen und Informationen Tatsachen schafft, welche dann wegen der dann neu entstandenen Situation nicht mehr korrigiert werden können", so Rainer Spenrath.

Unterschiedliche Forderungen werden unter den Nachbarn diskutiert: Geschwindigkeitsbegrenzungen, Lärmschutzwände, Schallschutz an Immobilien, Flüsterasphalt, Ausgleichszahlungen für den Wertverlust von Häusern, eine Fußgängerampel an der Realschule an der Fleuth und dergleichen.

Über allem aber steht eines: Sie wollen, dass Politik und Stadtverwaltung eine frühere Idee für die Verlegung der Bundesstraße wieder aufgreifen. Demnach sollte die B 58 im großen Bogen komplett um Geldern herumgeführt werden. Damit, so Rainer Spenrath, "würden alle Gelderner entlastet werden".

Mit Blick auf die Politik allerdings macht sich bei ihm nicht gerade Optimismus breit. "Man kriegt den Eindruck, als wenn schon alles entschieden ist. Und jetzt muss man nur noch Gründe dafür finden, dass es auch vertretbar ist", sagt er. Seitdem er von der geplanten Umstufung wisse, denke er ernsthaft darüber nach, wegzuziehen. Und Mitstreiter Kees Janssen macht klar: "Wenn ich das alles vorher gewusst hätte, hätte ich hier nicht gekauft."

(szf)
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