Issum "Creazythek"-Comeback nach 25 Jahren

Issum · Die Ü-40-Semi-Senioren dürfen aufatmen: Die fahrende Diskothek "Creazythek on tour" aus Sevelen baut nach 25 Jahren noch einmal die Boxen auf. Standesgemäß werden nur Platten aufgelegt. DJ Frankie übt dafür derzeit im Wohnzimmer.

180 Disco-Abende im Jahr waren es zu Spitzenzeiten. 180 Mal schwere Boxen und Spots schleppen, Plattenkisten aus den Autos wuchten, Kabel anschließen - beispielsweise in dem schönen alten Saal bei Ophey in Issum. Im Sevelener Kirmeszelt oder in der "Linde". Bei "Schocki" in Oermten. Von Sälen und Gaststätten in Neukirchen-Vluyn und Kamp-Lintfort ganz zu schweigen. Denn dort überall befand sich das Revier der "Creazythek on tour" - von der Gründung 1978 bis zum Ende 1989. Als Publikumsmagnet für Jugendliche und junge Erwachsene gewissermaßen. Damals, als die Disco sonntags um 17 Uhr begann und um 22 Uhr pünktlich endete. Und die jetzige Ü-40- oder Ü-50-Generation am nächsten Tag brav die Schulbank drückte, etwas studierte oder Wissenswertes in der Ausbildung zum Handwerker erfuhr.

Zwar kommen die Hochzeiten mit dem Disco-Team aus Sevelen wie von 1978 bis 1983 nicht mehr zurück. Doch 25 Jahre nach dem offiziellen Ende wagen die Jungs ein Mini-Comeback (siehe Info-Box), das künftig einmal pro Jahr wiederholt werden soll. . Und dafür laufen die Vorbereitungen bereits auf Hochtouren. Und zwar auch im Wohnzimmer von Frank "DJ Frankie" Zube, der damals das Gesicht und der heimliche Star der "Creazythek" war. "Da wir nur Platten auflegen werden, also so wie damals", lacht Zube, "muss ich derzeit ein wenig üben." Als Beweis zeigt er auf die beiden Plattenspieler, die Anfang September in der Sevelener Tennishalle zu seinem Hauptwerkzeug zählen werden. Und natürlich das Mikro. Schließlich wurden damals die Titel noch angesagt.

Auch Joachim "Lonny" Lonczyk kann sich ein Grinsen kaum verkneifen, wenn er an die alten Zeiten denkt. Auch ihm ist der alte, wunderschöne Saal bei Ophey in Issum bestens in Erinnerung geblieben. "Auf die Bühne passte unser Gerüst mit dem ,Creazythek'-Schild perfekt drauf", so der 52-Jährige. Bis zu 500 Jugendliche ließen es sich damals bei Wirt Hannes Ophey gut gehen. Der stand im Vorraum und ließ den Zapfhahn glühen. Damals gingen neben Limo nur Altbier und Cola-Korn über den Tresen. Und wenn es schnell gehen musste, hat sich die Bedienung auch schon mal verrechnet. Übrigens immer zu Gunsten der jungen Gäste.

"Zehn Singles habe ich pro Woche gekauft", blickt "DJ Frankie" zurück, als er und sein Kumpel wieder am Küchentisch sitzen und qualmen. Die Vinyl-Scheiben für vier, später fünf Mark das Stück kaufte er bei einer Kette namens "Musik-Boutique" in Moers oder Kamp-Lintfort. Für Platten, und natürlich die Anlage, ging ganz viel Eintrittsgeld drauf. Die Tipps, welche Songs demnächst wohl in den Hitparaden ganz oben stehen könnten, holte sich Frank Zube meistens im WDR 2. Nämlich dann, wenn Radio DJ-Legende Mal Sondock Mittwochabends zur "Diskothek im WDR" einlud. Daher hatten die Jungs auch die Idee, immer so ab 20 Uhr eine Phase mit rockigeren Klängen einzulegen. Vor allem die Jungs gingen dann "flippen", wie es früher so süß hieß. Nazareth, AC/DC oder auch Mötörhead dröhnte dann aus den Boxen, ehe die Möchtegern-Rockstars samt Luftgitarre klatschnass ins Freie wankten. Erschöpft, aber glücklich.

Apropos "ins Freie": Auch damals schon gab es an manchem Abend eine blutige Nase - oder auch ein bisschen mehr. Kaum eine Veranstaltung ohne "Fetzerei", wie es damals hieß. Doch meistens war die Geschichte schnell beendet. Oder Michel "Micky" Felke, einer der Gründer und Vollhüne, beendete die Klopperei.

Doch damit ist am 5. September natürlich nicht zu rechnen. Dort wird sich eine ganze Generation wiedertreffen. Issumer und Sevelener, die sich jahrelang nicht mehr gesehen haben und sich viel erzählen werden. Wie damals. Weiterer Unterschied: Wohl kaum jemand wird noch mit dem Mofa "anreisen". Die fuhren damals vor allem die Jungen, die schon mit 16 in die Ausbildung gingen und schon verdienten. Wenn die oft "frisierten" Zweiräder denn nach der "Disse" noch da waren. Denn wie "DJ Frankie" und "Lonny" übereinstimmend bestätigen: Fast immer war eine Puch Maxi N oder Kreidler schlichtweg geklaut worden.

War also auch früher nicht immer alles nur eitel Sonnenschein.

(RP)
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