Rp-Serie Die Kandidaten Das Rathaus von der Straße aus erobern

Geldern · Sie liest Fachliteratur, um sich als Rathauschefin fitzumachen, sie knüpft am Netzwerk in den Ortschaften. Sie sieht sich in der Stichwahl. Ein Hausbesuch bei der unabhängigen Gelderner Bürgermeisterkandidatin Hanneke Hellmann.

 "Frischer Wind für Geldern" lautet der Wahlkampfslogan von Hanneke Hellmann. Ihre Zielgruppe sind "die Wähler, die nicht parteigebunden sind".

"Frischer Wind für Geldern" lautet der Wahlkampfslogan von Hanneke Hellmann. Ihre Zielgruppe sind "die Wähler, die nicht parteigebunden sind".

Foto: seybert

GEldern Es sei "ein bisschen rummelig", sagt Hanneke Hellmann entschuldigend, während sie in ihr Wohnzimmer bittet. Ein wenig chaotisch, meint sie damit. Sie räumt Ordner und Papiere auf dem überquellenden Esstisch im Wohnzimmer zusammen. Ein blauer Wälzer schaut hervor. "Die Gemeindeordnung", sagt sie. "Ich will ja einiges ändern." Sie fischt ein weiteres Fachbuch aus dem Papierstapel: ein Werk über Personalmanagement. "Weil ich einen ganz neuen Führungsstil einführen möchte. Ich möchte eine kreative Bürgermeisterin sein mit einem motivierten Team. Ich möchte alle Entscheidungen transparent machen."

Die unabhängige Bürgermeisterkandidatin Hanneke Hellmann wohnt in Veert gegenüber der Wiese, auf der nach Investoren-Plänen Wohnhäuser und ein Supermarkt gebaut werden sollen. Vielleicht ist etwas dran am Klischee, dass ein Haus den Geist der Bewohner spiegelt. "In einem Wohnraum muss Leben drin sein", meint Hanneke Hellmann jedenfalls, und so ist das in ihren vier Wänden. Eine übervolle Pinnwand im Durchgang zur Küche, Kissenberge auf der Couch, CDs stapeln sich in Türmen neben der Musikanlage, ungezählte Familienfotos überall, Spielzeug von den vier Enkelkindern. "Familienleben ist wichtig", sagt Hellmann.

Der Wahlkampf läuft gut, findet sie. Ihr Alltag sei "sehr organisiert". Morgens geht der erste Blick ins Internet. "Ich finde, Facebook ist keine Plattform, um sich über Standpunkte auseinanderzusetzen. Aber man muss sich informieren", begründet sie. Danach wird mit dem Wahlkampfteam telefoniert: ein Stamm von zehn Leuten. Mehr brauche sie nicht: "Da ist man sich schneller einig." Anschließend wird die Zeitung studiert. "Und dann gehe ich auf die Straße mit meinen Flyern und komme ins Gespräch", sagt sie. "Mir macht der Wahlkampf viel Freude, weil ich mit vielen Leuten gute Unterhaltungen führe." Sie habe viel Spannendes übers Vereins- und Dorfleben gelernt. Und in jeder Ortschaft hat sie Unterstützer aktiviert, die als Multiplikatoren wirken. "Ich bin weniger in der Presse vertreten", erläutert sie: "Das ist Absicht. Ich setze auf persönliche Gespräche."Dass es in Geldern vier Kandidaten gibt, gefällt ihr: Das fördere die Demokratie.

Echte ,Arbeit' sei eigentlich nur die Vorbereitung auf das Bürgermeisteramt. "Die Auseinandersetzung mit dem Haushalt der Stadt, der Finanzlage, Personalfragen, Schulpolitik. Man kann ja nicht einfach so anfangen", sagt sie. Ihre Zielgruppe seien "die Wähler, die nicht parteigebunden sind". Und die Jugend hat sie im Visier - am 13. September dürfen Bürger ab 16 Jahren an die Urnen. Ihre Prognose: "Ich sehe mich in der Stichwahl."

Die Familie gebe ihr Rückhalt. Mit den vier erwachsenen Kindern wird sonntags telefoniert, sie wünschen ihr Erfolg. Und Ehemann Heinz-Leo (65) ist gelegentlich bei Veranstaltungen dabei, aber nicht oft - als Arzt am Clemens-Hospital ist er viel beschäftigt.

Was allerdings auch in Ordnung sei, sagt Hanneke Hellmann. Ihr Ziel sei es schließlich nicht, den Leuten eine heile Familienwelt zu präsentieren: "Bei dieser Wahl geht es um mich. Ich kann meinen Weg schon selber gehen." Das einzige, was im Wahlkampf zu kurz komme: "Aufräumen. Der Haushalt leidet ein bisschen."

(RP)
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