Gelderland DDR-Moped klärt über Schlaganfall auf

Gelderland · Die Schlaganfall-Selbsthilfegruppe Gelderland macht seit sechs Jahren regelmäßig mit auf Veranstaltungen in der Region. Am Sonntag zum 100. Mal - dann auf der Straßenparty in Weeze. Immer dabei: ihr kleiner "Menschenfänger".

 Sabine Brand, Monika Leuker und Bernd Stara werben für die 100. Veranstaltung ihrer Selbsthilfegruppe.

Sabine Brand, Monika Leuker und Bernd Stara werben für die 100. Veranstaltung ihrer Selbsthilfegruppe.

Foto: Seybert

Bis zu 15 Mal im Jahr schwingt sich Bernd Stara von der Schlaganfall-Selbsthilfegruppe Gelderland auf das alte DDR-Simson-Duo-Fahrzeug. Damit fährt der Nieukerker zu allen möglichen Veranstaltungen in der Region. Der ehemalige Krankenfahrstuhl dient der Gruppe da dann als Info-Mobil - und als Menschenfänger. Denn das DDR-Moped fällt auf. Stara: "Viele wollen wissen, was das für ein Fahrzeug ist." Und das schafft erst mal einen lockeren Rahmen, um sich über ein eigentlich ernstes Thema zu unterhalten. Denn die Arbeit in der Selbsthilfegruppe hat viel mit Lachen zu tun, sagt Stara: "Über eine Krankheit zu sprechen, muss keine traurige Sache sein. Man muss positiv denken und Spaß machen."

Stara weiß, wovon er redet: Vor 20 Jahren hatte er selbst einen Schlaganfall. 48 Jahre war er damals. Seitdem ist das Gefühl in der rechten Körperhälfte fast vollständig weg, im rechten Arm hat er kaum noch Kraft. Direkt nach dem Schlaganfall konnte er nicht mehr flüssig sprechen, hat zwei Jahre lang gestottert, war beim Logopäden und in Ergotherapie. Zum Physiotherapeuten geht er bis heute.

Auch deshalb hat er es sich, zusammen mit seinen Mitstreitern, zur Aufgabe gemacht, aufzuklären über den Schlaganfall - aber auch über Diabetes und Demenz. Und das klappt am besten mit Humor und eben dem auffälligen Info-Mobil. In den sechs Jahren, in denen die Selbsthilfegruppe sich auf Veranstaltungen präsentiert, haben sie - nach Staras Berechnungen - etwa zwei Millionen Besucher gesehen, ein Prozent davon ließ sich beraten - über Risikofaktoren und Symptome. "Einmal im Jahr sollte man sich von Arzt durchchecken lassen. Auch, wenn man jung ist", sagt er.

Mit dabei an dem Stand sind immer verschiedene Messgeräte - etwa für Blutzucker, Blutdruck und Sauerstoff. 18.000 Menschen haben sich bei den vergangenen 99 Veranstaltungen, auf denen die Selbsthilfegruppe stand, ihre Werte messen lassen. 11.000 von denen den Blutzucker. "Wenn die Werte höher sind als normal, wollen viele das dann gar nicht glauben," erzählt der Nieukerker. "Wir schicken die dann direkt zum Arzt." "Die Messungen machen wir für eine Spende in die Sparbüchse. Die Stäbchen zu besorgen ist nämlich gar nicht so einfach. Die kosten einen Euro pro Stück". Ganz neu ist ein Messgerät für Cholesterin - gesponsert von der Deutschen Schlaganfallhilfe. Das ist allerdings noch nicht im Einsatz, weil die Selbsthilfegruppe noch Teststreifen dafür braucht und dafür die Sponsoren sucht.

Am Sonntag fährt Bernd Stara dann mit dem DDR-Moped zur Straßenparty nach Weeze. Da steht die 100. Veranstaltung an, auf der die Selbsthilfegruppe aufklärt, Blutwerte misst und gesunden Menschen erzählt, was man prophylaktisch tun kann. Alter spielt dabei fast keine Rolle, sagt Stara: "Viele Leute trifft es auch in jungen Jahren. Unser jüngstes Mitglied in der Selbsthilfegruppe war 18 Jahre alt." Erste Warnzeichen für einen Schlaganfall sind ein hängender Mundwinkel, ein tauber Arm und verwaschene Sprache. Manche Betroffene hatten vor ihrem Schlaganfall auch starke Kopfschmerzen. Dann zählt jede Sekunde, weiß Stara: "Man sollte sofort 112 wählen und nicht noch erst eine Nacht drüber schlafen."

Jeden ersten Mittwoch im Monat trifft sich die Selbsthilfegruppe im Clemens-Krankenhaus in Geldern. Seit 1999 gibt es sie. Und Bernd Stara hat sich ihr damals sofort angeschlossen: "Da ist man unter Seinesgleichen. Als Betroffener kann man einfach viel besser mit Betroffenen sprechen", erzählt er. Aber es geht nicht nur ums Sprechen, sagt Sabine Brandt, deren Mann einen Schlaganfall hatte: "Viele stellen sich das wirklich so vor, dass nur über die Krankheit geredet wird. Das ist aber nicht so. Wir unternehmen auch viel. Grillen, Kegeln und Treffen mit anderen Selbsthilfegruppen."

Für ihr Veranstaltungs-Jubiläum am Sonntag auf der Straßenparty hat sich die Truppe um Stara etwas Besonderes überlegt: Da verschenken sie 50 Sonnenblumen - denn die ist das Logo der Gruppe. "Aber nur an Leute, die sich von uns messen lassen", schmunzelt Stara. Mit ihrem Stand steht die Schlaganfall-Selbsthilfegruppe Gelderland an der Wasserstraße direkt an der Kirche.

(RP)
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