Was macht eigentlich...? Der "alte Drache" ist kein bisschen müde

Geldern · In SPD und Awo, als Wirbelwind im Ehrenamt hat Kathi von der Weydt das Leben in Geldern aufgemischt. Jetzt ist sie selbst in höherem Alter, freut sich an ihrem Zuhause und ärgert sich bloß, dass sie nicht mehr so aktiv sein kann, wie sie es gerne wäre.

 Sie hat den grünen Daumen: Kathi von der Weydt vor ihrem Zitronenbaum, der im Winter in ihrem Wohnzimmer stehen darf.

Sie hat den grünen Daumen: Kathi von der Weydt vor ihrem Zitronenbaum, der im Winter in ihrem Wohnzimmer stehen darf.

Foto: Zehrfeld, Sina

Kathi von der Weydt kann offenbar nicht nur gut mit Menschen - sie kann auch gut mit Pflanzen. Ihr Zitronenbaum ist gerade ihr ganzer Stolz. Das stattliche Gewächs darf über den Winter hinein in ihre gute Stube. So hat sie jetzt ein ziemlich grünes Wohnzimmer. "Ich hab bestimmt den wildesten Garten in Veert", sagt sie fröhlich beim Blick hinaus aus dem großen Fenster: "Ich hab die tollste Luft hier." Der riesige Haselnuss-Strauch, die Obstbäume, von denen sie im Herbst die Ernte einholt - wobei sie heute leider nicht mehr auf Leitern herumklettern kann.

Und das ist auch schon das, was Kathi von der Weydt heute, bei aller Freude am Garten, an ihrem Alltag wirklich stört: Dass sie, die immer so aktiv war, immer gearbeitet hat, immer auf Achse war - dass sie einfach nicht mehr so kann, wie sie will.

Kathi von der Weydt ist Jahrzehnte lang eine Institution gewesen in Geldern. Von 1977 bis 2015 war sie die Awo-Vorsitzende in der Stadt, lange Zeit stellvertretende Awo-Vorsitzende im Kreisverband und Gelderner SPD-Ratsfrau. Sie wurde im Jahr 1986 die allererste "Geldersche Draak"-Preisträgerin. 1994 bekam sie das Verdienstkreuz der Bundesrepublik, 2008 den Ehrenamtspreis "Dä Geldersche Wend". "Die Awo war mein Leben", sagt sie auch heute noch ganz offen.

Als sie den Vorsitz aufgeben musste, nahm sie sich vor, endlich mal an sich selbst zu denken. Aber bis heute meint sie: "Das kann ich gar nicht, das muss ich erst lernen."

Ab und an klappt's mit Unterstützung der Familie. Gerade eben haben Tochter und Schwiegersohn angekündigt, sie zu einem Ausflug zu entführen. Und zu Weihnachten war ihr Sohn mit seiner Familie da. Wobei sie sich da plötzlich auch wieder bei der Arbeit fand, wie sie humorig verrät. Der Sohn und zwei Enkelsöhne sind allesamt Köche geworden, erzählt sie lachend: "Drei Köche! Die waren Weihnachten hier. Und was haben sie gegessen? Was Mutter gekocht hat."

Sie hat sich vorgenommen, ein Buch mit ihren Erinnerungen zu füllen. "Ich hab' das in Reimform angefangen", verrät sie. "Und es soll nicht über mich sein, sondern über die Arbeiterwohlfahrt." Die hat schließlich Gelderner Geschichte zu erzählen.

Sie freut sich darauf, dass es bald eine neue Draak-Preisträgerin, eine "Drachentochter", geben wird. "Das sind ja alles meine Töchter. Ich bin der alte Drache", sagt sie humorig. Dass Frauen auf diese Weise geehrt werden, findet sie toll.

Ihren Alltag findet sie heute ziemlich ruhig. Sie plaudert gern, feiert mit, wenn in der Nähe was los ist, geht ab und an mal zum Trödelmarkt, sitzt zu Hause gern in ihrem Sessel und häkelt. Sie freut sich über Besuch. "Und ich muss auch sagen: Ich genieße dieses Haus", betont sie und blickt sich in ihrem Wohnzimmer um. Hier ist sie umgeben von den Möbeln, die sie liebt, von Sammeltassen, Erinnerungsstücken und jeder Menge Pflanzen. "Wenn ich hier so rundgucke - ich hab' keine Langeweile."

Sie schwelgt manchmal in Erinnerungen an die vielen Reisen, die sie für Awo-Gruppen organisiert hat. Bulgarien, Kroatien, Griechenland und Spanien: "Da musste ich immer arbeiten, ich hab' da keinen Urlaub gemacht", sagt sie. Aber dennoch ist das heute ein Schatz von Erfahrungen. Wenn sie Reisereportagen im Fernsehen sieht, kommen die alten Eindrücke wieder hoch. "Und wenn mir alles auf den Kopf fällt, fahr ich in die Stadt" - mit dem E-Mobil. Mit dem Rollator wäre es ein bisschen weit bis Geldern. Kathi von der Weydt sagt geradeheraus, dass sie vieles aus ihrer aktiven Awo-Zeit vermisst. Vor allem, so viel unter Menschen zu sein, so viel für andere zu tun. "Dass man zusammenkommt", sagt sie. Das hat sie begeistert. Und wäre es allein nach ihren Wünschen gegangen, dann hätte sie das niemals aufgegeben, macht sie klar. Aber ihr sind durch ihre Gesundheit nun mal Grenzen gesetzt.

"Das ist einfach so, wenn man so alt ist", sagt sie sachlich. Immerhin ist sie jetzt 81, bald 82 Jahre, betont sie. Und wird gleich darauf sofort wieder heiter: "Ist ja schon ein tolles Alter, ne?"

(RP)
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