Wachtendonk Der Kampf um den Behindertenparkplatz

Wachtendonk · Seit mehr als einem Jahr liegt Hildegard Indenhock mit dem Kreis im Clinch. Die Wachtendonkerin möchte in ihrem Behindertenausweis den Zusatz "aG", um auf gekennzeichneten Flächen parken zu dürfen.

 Die Wachtendonkerin Hildegard Indenhock mit ihrem Mann Matthias, der den Schriftverkehr mit den Behörden in der Hand hält.

Die Wachtendonkerin Hildegard Indenhock mit ihrem Mann Matthias, der den Schriftverkehr mit den Behörden in der Hand hält.

Foto: Gerhard Seybert

Schön im Grünen wohnt die Wachtendonkerin Hildegard Indenhock mit ihrem Mann Matthias. Doch manchmal wünscht sie sich, ihr Haus stände etwas weiter südlich. "Denn im Kreis Viersen hätte ich den Ausweis längst bekommen", zitiert sie die Aussage ihres in Grefrath praktizierenden Orthopäden. Der Ausweis, das ist ein Schwerbeschädigtenausweis mit dem Zusatz "aG" für eine "außergewöhnliche Gehbehinderung". Dieses Merkzeichen würde das Benutzen von Behindertenparkplätzen erlauben. Seit mittlerweile mehr als einem Jahr liegt Hildegard Indenhock deswegen mit dem Kreis Kleve im Clinch.

Das "G" (erhebliche Gehbehinderung) im Behindertenausweis hat die 77-Jährige schon lange. "Rücken, künstliche Hüfte", nennt sie Gründe für ihr vorzeitiges Rentnerinnen-Dasein. Doch in den vergangenen zwei Jahren kam es noch schlimmer. Ostern 2014 stürzte die Frau bei einem Spaziergang, insgesamt neun Operationen an der Hüfte wurden erforderlich. "Ich kam als Pflegefall nach Hause."

Im Juni 2015 stellte sie beim Kreis Kleve den Antrag auf einen "aG"-Ausweis. Die Antwort kam am 27. Juli. Der Grad der Behinderung wurde zwar von 70 auf 80 Prozent erhöht. Doch weiter wurde mitgeteilt: "Die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen ,aG' liegen bei Ihnen nicht vor." Eine außergewöhnliche Gehbehinderung liege vor, wenn Menschen sich dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb eines Kraftfahrzeuges bewegen können. Dazu zählten beispielsweise Querschnittsgelähmte oder beidseitig beinamputierte Menschen.

Das ist Hildegard Indenhock nicht. Doch "ich kann mich nur mit Gehstütze oder mit Rollator wenige Schritte bewegen, wobei mir die Arthrose beim Abstützen Schmerzen bereitet". Und größere Strecken, zum Beispiel bei einem Stadtbummel, könne sie nur im Rollstuhl bewältigen. "Dafür brauchen wir auf Parkplätzen mehr Platz", begründet ihr Mann Matthias den Wunsch nach dem "aG"-Vermerk. Bei einer solchen Legende sei das eigentlich unabdingbar.

Hildegard Indenhock zögerte denn auch nicht, gegen den Bescheid Einspruch einzulegen. Mit Schreiben vom 29. Juli wies sie unter anderem auf ihre Hüftprothesen hin und auf die schmerzhafte Belastung der Schultergelenke hin. Auch machte sie darauf aufmerksam, dass sie bei vielen Tätigkeiten im Haus auf die Hilfe ihres Mannes angewiesen sei. "Doch der ist schließlich schon 82", so die Wachtendonkerin.

Im Dezember bot ihr der Kreis nach einem Sozialgerichts-Verfahren als Vergleichvorschlag den Ausweis-Zusatz "B" an, welcher die Mitnahme einer Begleitperson ermöglicht. "Aber damit ist mir nicht geholfen, da die Bushaltestelle im Ortskern Wachtendonk zweieinhalb Kilometer entfernt ist." Sie könne nur, schrieb sie an den Kreis, mit dem Pkw in den Ort kommen, um Einkäufe, Post, Bank, Apotheke und Arztbesuche zu erledigen. Erst recht nicht hilfreich fand sie die telefonische Bemerkung aus dem Kreishaus: "Wenn Sie auf dem Land wohnen, ist das Ihre Sache."

Ablehnungen und Widersprüche gingen hin und her. Die gutachtliche Stellungnahme für den Kreis habe ein Internist im November nur nach Aktenlage abgegeben, bemängelt die Wachtendonkerin. "Der hat mich nie gesehen." Anders als der Orthopäde in Grefrath, Frau Indenhock sei nicht in der Lage, sich ohne die dauerhafte Verwendung zweiter Unterarmgehstützen auch nur kurze Strecken fortzubewegen, nimmt er im Oktober zur Vorlage beim Versorgungsamt Stellung.

Nächste Instanz ist das Sozialgericht Duisburg. Dort war für den 25. Mai schon eine Sitzung anberaumt. Die jedoch konnten Indenhocks wegen eines gebuchten Urlaubs nicht wahrnehmen. Letzte Mitteilung des Gerichts: "Vor Oktober 2016 ist nicht mehr mit einem neuen Termin zu rechnen."

(RP)
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