Issum Der Nikolaus kommt in unser Haus

Issum · Fünf Männer ziehen in Oermten los, um den Kindern als Mann in rotem Mantel und mit Bischofsstab zu begegnen. Geschenke gibt es zur Freude des Nachwuchses auch - und eine Menge Tipps fürs bessere Leben.

Issum: Der Nikolaus kommt in unser Haus
Foto: Heinz Spütz

Die kleine Glocke am Stab klingt durch die Nacht. Gemessenen Schrittes geht der Mann durch das Wohngebiet. Das liegt teils an seiner ehrenvollen Aufgabe, teils an dem gefühlt einem Pfund lockiger Haarpracht an Kinn und Kopf. Vor einer Haustüre macht er Halt. Bevor der Mann auf die Schelle drückt, ist bereits Kindergeschrei zu hören: "Er ist da." Mit gebeugtem Kopf tritt Andreas Spiegels ein. Bart, roter Mantel und das goldene Buch sind an diesem Abend seine besonderen Kennzeichen. Während er langsam den Flur in die gute Stube entlang schreitet, wartet Birgit Baumanns im Auto. Sie ist die Fahrerin und hat die Route im Kopf.

Zurück zur Familie, besser gesagt zu vier Familien, die sich für den Nikolausabend im Wohnzimmer versammelt haben. Der gedeckte Esstisch voller Köstlichkeiten, vergessen. Alle haben nur noch Augen für den Nikolaus: Emil und Felix Michael, Justus Rattmann, Emma und Anna Schraven, Nela und Henry Schraven.

 Gar nicht so einfach, sich als Nikolaus zu verkleiden.

Gar nicht so einfach, sich als Nikolaus zu verkleiden.

Foto: Heinz Spütz

Die Jüngste auf dem Schoß seiner Mutter weint leise, als sie den großen Mann mit dem roten Umhang sieht. Einer der Jungs fragt, ob der Nikolaus ihm denn auch ein Geschenk mitgebracht habe. Die dreijährige Emma erkennt die Gunst der Stunde und sagt ein Gedicht auf, das mit den Worten endet: "Komm' bald wieder in unser Haus". Der Nikolaus alias Andreas Spiegels öffnet sein goldenes Buch. Wer ihm über die Schulter lunkert, entdeckt viele Fußballbilder. "Es ist das FC-Bayern-Jahrbuch. Das bringt mir Glück", verrät er. Die hatte er kurz vor dem Umziehen.

Eine Rückblende. Irgendwo in einem Haus in Oermten, wir nennen es mal das Haus des Nikolaus', hängen rote Mäntel und weiße Alben (so eine Art Unterziehkleider für Geistliche) an einer Gardinenstange. Fünf Männer haben sich versammelt. Alle sind im Karnevalskomittee der St.-Sebastianus-Bruderschaft und mancher, der wurde selbst als Kind vom Mann in Rot besucht. Andreas Spiegels, Andreas Genender, Matthias Maasackers, Jens Kolmans und Frank Sakulenski studieren geduldig die Zettel, die ihnen von den Eltern der Kinder zugespielt wurden. Dann ist es plötzlich fünf vor fünf, Aufbruchstimmung und Anziehzeit. Vier Männer sind innerhalb kürzester Zeit verwandelt, Matthias Maasackers hechtet hinterher. "Mein Rentier hatte einen Platten", entschuldigt er sich und kämpft mit der Bischofsmütze, die auf den weißen Locken nicht halten will.

Andreas Spiegels ist optimal vorbereitet. Er hat den Überblick, denn in seinem Buch liegen Zettel, sogar mit Fotos der Kinder. Und es stellt sich heraus, dass der Nikolaus wirklich alles weiß, zum Beispiel von der Überflutung des Waschbeckens im Kindergarten. Das Thema Aufräumen scheint auch ein großes Problem zu sein. "Henry, du bist da eine echte Ausnahme", lobt der Nikolaus. Es gibt noch Tipps für das bessere Zusammenleben mit den Eltern, neben Spielzeug wegräumen kommt auch "mehr Gemüse essen" dazu.

Während des Ankleidens hatte der Nikolaus erzählt, dass die Geschenke immer größer werden. Ein Playmobil-Hubschrauber ist darunter und manch anderer Kindertraum. Der Nikolaus verabschiedet sich. Draußen gibt es noch einen "Els" mit den Vätern. Die Fahrerin wartet schon, wirft den Wagen an und hält nach kurzer Fahrt bei Familie Baumanns. Dort sind Papa Jan, Mama Nadine, die Kinder Timo und Leon, Oma Gaby und Kater Moritz versammelt. Für den Nikolaus gibt es zunächst ein selbstgemaltes Bild, das, wie um ihn gnädig zu stimmen, auf seinem Stuhl liegt. Viel zu kritisieren hat er nicht. Seine Rede endet mit einem "Bleib so wie du bist". Und auch die Mutter bekommt über den Nikolaus lobende Worte gesagt. Es ist schön. Nach zwanzig Minuten ist der Besuch vorbei, die Geschenke verteilt und die Fahrerin macht den Motor an. Unterwegs kommt einem ein Auto mit einem anderen weiß behaarten Mann, der auf dem Beifahrersitz Platz genommen hat, entgegen. Wer sollte sonst um die Zeit in Oermten unterwegs sein, als der Nikolaus?

(RP)
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