Verschwundene Orte (3) Die Burg, aus der die Stadt entstand

Geldern · Durch den Todesruf des Drachen erhält Geldern seinen Namen. An gleicher Stelle wird eine Burg gebaut. Erstmals erwähnt ist die im Jahr 1237. Heute erinnert nur noch die Burgstraße an ihr Bestehen. 1995 wurden Mauerreste gefunden.

 Im Jahr 1995 sind Reste der alten Burg gefunden worden: Das Foto zeigt Johannes Patyk (rechts) und einen jungen Helfer bei Ausgrabungen an der Burgstraße 4 am 16. Mai 1995.

Im Jahr 1995 sind Reste der alten Burg gefunden worden: Das Foto zeigt Johannes Patyk (rechts) und einen jungen Helfer bei Ausgrabungen an der Burgstraße 4 am 16. Mai 1995.

Foto: Stadtarchiv Geldern

Alles beginnt etwas sagenumwoben. Es ist der Stoff, aus dem Heldengeschichten entstehen. Zwei Burschen, Wichard und Lupold, ziehen los und erlegen einen gefährlichen Drachen. Dabei geht es nicht um die Rettung einer holden Prinzessin, aber der Lohn und die Dankbarkeit der Bevölkerung sind den Brüdern Wichard und Lupold trotzdem sicher.

Die Bewohner der Gegend unterwerfen sich den mutigen Drachentötern. Dort, wo das Blut des Drachen unter einen Mispelzweig tropfte, wird eine Burg gebaut. Daraus sollte das spätere Geldern entstehen. Dass der Drache im Todeskampf dreimal den Ruf "Gelre" von sich gab und damit der Stadt ihren Namen gab, soll 878 passiert sein.

Zumindest für die Existenz der Burg gibt es handfeste Beweise. Zutage gekommen sind Reste bei Bauarbeiten an der Burgstraße im Jahr 1995. Die Burg, die gab es also wirklich. Gelderns im vergangenen Jahr verstorbener Stadtarchivar Stefan Frankewitz war maßgeblich an den Ausgrabungsarbeiten beteiligt. Ein Brückenpfeiler konnte freigelegt werden. Stein für Stein wurden die alten Mauerreste abgetragen. Da Geldern kein Museum hat, in der die Überbleibsel der Burg ausgestellt werden konnten, wurden die Steine zugunsten des Stadtarchivs Geldern verkauft.

Erstmals in einer Urkunde verzeichnet ist die Burg 1237. Bereits 1094 ist aber Gerhard I., Graf von Geldern, urkundlich erwähnt. Die Grafen Gelderns konnten ihre Macht in der Gegend immer weiter ausbauen. Erweitert wurde das Gebiet durch Kauf, Tausch, Heirat, Lehen oder auch Kriegsglück. Und wie das so ist, hat Macht eine große Anziehungskraft. Die Burg Geldern wurde Stammsitz der Grafen und mit ihnen auch Wohnsitz ihres Gefolges. Um die Burg scharten sich auch Handwerker und Gewerbetreibende, die ihre Dienste anboten. Außerdem nutzte die Landbevölkerung die Burg als Fluchtpunkt bei Kriegsgefahr. Auf der Ostseite der Burg, wo es weniger sumpfig war, ließen sich Händler nieder. Der Ruf nach einer Kapelle in der Nähe der Burg wurde lauter. Im Laufe der Jahre entstand rund um die Burg eine Ansiedlung. In Urkunden ist zunächst von einem kleinen Ort die Rede, später von einer selbstständigen Stadtgemeinde. Dass die später einmal Geldern heißen wird, ist schon im Jahre 1001 zu erahnen. Dort erwähnt die Heilige Adelheid in ihrer Lebensbeschreibung den Ort als "Gelrie", andere Schreibweise "Gellere".

Weil die Burg auf ziemlich sumpfigem Gebiet stand, umgeben von einem Arm der Niers, wurde sie auf Stelzen gebaut. Das konnte bei Ausgrabungen festgestellt werden und war am nassen Niederrhein nichts Ungewöhnliches. Mit dem Tod von Herzogin Elisabeth von Braunschweig-Lüneburg 1572 ist auch der Verfall der Burg besiegelt. Die Zeit der Residenzfunktion der Burg Geldern ist vorbei.

Es existiert eine Tuschezeichnung, die die zerstörte Burg im Jahre 1671 zeigt. Bereits 1637 erging der Erlass durch die spanische Regierung, die Burg zugunsten einer modernen Befestigung der Stadt abreißen zu lassen. Das geschah nicht radikal, sondern die Burg zerfiel über die Jahre. Noch 1663 wurde Tuffstein vom abgebrochenen Kastell verkauft. Von der Burg ist bis auf den Straßennamen nicht mehr viel übrig. Nur ein paar Steine in Privathaushalten und eine wunderschöne Legende über das Entstehen der Stadt Geldern.

(bimo)
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