Kerken Die Geschichte der Narren von Nieukerk

Kerken · Der Karnevalszugverein hat tief in den Archiven gewühlt. Herausgekommen ist ein Überblick über das jecke Treiben im Ort vom Anfang des 20. Jahrhunderts über zwei Weltkriege hinweg bis hin zum Aufschwung in den 1970ern.

 Karnevalszug auf der Krefelder Straße, vermutlich im Jahr 1928.

Karnevalszug auf der Krefelder Straße, vermutlich im Jahr 1928.

Foto: Gemeindearchiv Kerken

Die Nieukerker sind jeck, das beweist sich jedes Jahr in der närrischen Zeit aufs Neue. Die Bürger wissen zu feiern. Der Karnevalszugverein Nieukerk hat die Geschichte des Straßenkarnevals im Ort aufgerollt - bis zurück zum Anfang des vergangenen Jahrhunderts.

"Wahrscheinlich organisierte sich der Straßenkarneval in Nieukerk um das Jahr 1905", hat Matthias Hilscher vom Karnevalszugverein durch Recherchen in alten Unterlagen herausgefunden. "Initiator war der Seidenweber Johann Weisters." Der tagte mit Gleichgesinnten im Lokal Abels , heute Schwanenmarkt. "Als eines Abends zwei von seinen Kumpanen verspätet erschienen, entfuhr ihm der Ausruf: ,No, wo komt gej Schlaat-Vögel dan her?'" (Na, wo kommt ihr Salat-Vögel denn her?) So taufte sich der kleine Verein ,Schlaat-Vögel'.

Der erste Karnevalszug war um das Jahr 1907. In Nieukerk gab es damals eine Zigarrenfabrik. Es wird berichtet, der damalige Prinz Hermann Weisters, Bäckergeselle und Bruder des Initiators, habe sich für den Umzug eine Zigarre von einem halben Meter Länge und entsprechender Dicke machen lassen.

Bis 1914 fanden mindestens drei Karnevalsumzüge statt. Prinzen waren nach Weisters noch Bruno Witgens, Metzgermeister, und Matthias Gerbecks, Schuhmachermeister. Für Jahre gibt es aber keine Aufzeichnungen über Nieukerks Karneval, "auch keine klaren Belege, dass da Züge waren", so Hilscher.

In den 1930er Jahren traten nach den "Schlaat-Vögeln" die zweiten "Urgründer" des Nieukerker Karnevals auf den Plan, die "Neikirksche Griete". Grob zu übersetzen mit "Die Nieukerker Verkleideten".

Am Rosenmontag des Jahres 1936 gab es einen Karnevalsumzug mit 16 Prunkwagen und dem Motto "Wej make gut Wär" - Wir machen gutes Wetter. Prinz war Josef Menssen, Prinzessin Käthe Theisejans. Erst im November des Jahres wurde die KG "Neikirksche Griete" offiziell aus der Taufe gehoben, aber die Narren müssen schon früher aktiv gewesen sein. "Es gibt Belege, dass die Nieukirsche Griete 1934 und 1935 schon Veranstaltungen im Adlersaal gemacht haben", stellt Hilscher fest. Und "Griete"-Prinzen habe es auch schon früher gegeben. Ab 1939 wollten die Narren aus Geldern und Nieukerk abwechselnd einen Umzug gestalten. Den Anfang machte man mit Geldern, Zeitungen berichteten von einer "karnevalistischen Vermählung" der Städte. Dann aber kam der Zweite Weltkrieg, und Nieukerks goldenes Jahrzehnt des "Fastelovens" hatte vorerst ein Ende.

Nach dem Krieg organisierten verschiedene Gruppen, etwa die Nachbarschaft Nordstraße, der Spielverein 1910 oder das Trommlerkorps "Schwarz-Weiß", kleinere Umzüge. Die jüngere Vergangenheit liegt weniger im Dunklen. Wie die St.-Paulus-Brüder den Karnevalszug 1975 wieder zum Leben erweckten, dürften viele noch wissen. Und am 12. Oktober 1977 schließlich gründete sich der Verein für Brauchtumspflege, der seitdem als Karnevalszugverein wirkt.

Fündig wurden die Karnevalsforscher auf der Suche nach historischem Material im Kreisarchiv, im Gemeindearchiv Kerken, in "Karneval im Kreis Geldern" von Fritz Meyers im Geldrischen Heimatkalender 1967 und in alten Zeitungen.

(RP)
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