Gelderland Die Kabarettistin kann wieder lustig sein

Gelderland · Nach einem schweren Schicksalsschlag im Sommer tritt die Xantener Kabarettistin Ingrid Kühne - im TV und auf den Bühnen der Bundesrepublik besser als "De Frau Kühne" bekannt - nun wieder vor großem Publikum auf. Ein Gespräch über Leid, Liebe und das Leben.

 Ingrid Kühne (49) mit ihrem größten Glück: Sohn Sven Kühne (19).

Ingrid Kühne (49) mit ihrem größten Glück: Sohn Sven Kühne (19).

Foto: Kühne

Die Hände sind gefaltet, die Augen, mit Tränen gefüllt, blicken zu Jesus am Kreuz. Ingrid Kühne sitzt in einer Kirche. Sie ist verzweifelt, sie fragt sich: "Ich war jetzt schon so lange nicht mehr hier, hilft mir Gott in dieser Situation überhaupt noch?" Ja, er hat ihr geholfen. Ihrem Sohn Sven (19) geht es heute wieder gut. "Wir haben großes Glück gehabt", sagt Kühne. Sie lacht. Mehr als je zuvor.

Es ist Sommer. Sven Kühne kommt vom Schützenfest in Xanten nach Hause. "Er war gut drauf, ging zur Toilette, und auf einmal war alles voller Blut", erinnert sich Ingrid Kühne. Diesen Tag - es war der 16. Juni 2017 - wird sie nie, nie, nie vergessen: "Wenn man denkt, man verliert sein Kind, wird alles andere auf einmal so unwichtig." Die Bühne, das Kabarett, das Leben, mit dem die gelernte Schriftsetzerin seit dem Jahr 2010 ihr Geld verdient - alles nichtig.

Ingrid Kühne ruft den Notarzt. Mit dem Rettungswagen wird ihr Sohn Sven ins Weseler Krankenhaus gebracht. Dort kann man dem jungen Mann, der seit seiner Geburt wegen eines offenen Rückens (Spina bifida) im Rollstuhl sitzt, nicht helfen. Er wird nach Mönchengladbach verlegt. Doch dort verschlechtert sich sein Zustand. "Er hatte einen totalen Abfall, hohes Fieber und keinen Blutdruck mehr", berichtet Kühne. Sven Kühne fällt ins Koma. Die verabreichten Medikamente schlagen einfach nicht an, die Ärzte sagen irgendwann zu ihr: "Wir können für ihren Jungen nichts mehr tun." Ein Schlag ins Gesicht einer jeden Mutter. Ingrid Kühne betet nur noch. Sie betet zu Gott und bittet ihn um Hilfe.

Wie durch ein Wunder hat es Sven Kühne doch geschafft. "Ein Arzt hat eine neue Methode ausprobiert", erzählt Kühne im Gespräch mit unserer Redaktion. Mit einer Art Dialyse wurde sein Blut nicht nur gefiltert, sondern auch gekühlt. Die Therapie schlägt an, das Antibiotikum greift. Ende Juli konnte Sven Kühne das Krankenhaus wieder verlassen. Auch, weil seine Mutter sich bereiterklärt hat, sich zu Hause um den Jungen zu kümmern. "Das war an einem Freitag, schon am Sonntag dachte ich, ich schaffe das alles nicht. Was ist, wenn er einen Rückfall hat?"

Ingrid Kühne ruft Lothar Miele an. Der Allgemeinmediziner aus Xanten war bereits eine Stunde später vor Ort. "Er war Tag und Nacht, immer dann, wenn wir ihn brauchten, bei uns. Ein Hausarzt wie in aller Freundschaft. Ich habe nicht gedacht, dass es so etwas noch gibt. Ohne ihn hätten wir das alles nicht geschafft", sagt Kühne.

Was ihr Sohn damals hatte, kann sie nicht genau sagen. Septischer Schock, so lautet die Diagnose. Wodurch dieser hervorgerufen wurde, bleibt ein Rätsel. Doch eins ist klar: Ingrid Kühne, 49 Jahre alt, geht gestärkt aus diesem schweren Schicksalsschlag hervor. Ihre kleine Familie - sie, ihr Mann Ralf und der gemeinsame Sohn Sven - rücken noch näher zusammen. "Als mein Sohn krank war, habe ich einige Auftritte abgesagt, meine Agentur hatte zwischenzeitlich Angst, dass ich ganz aufhöre. Doch jetzt ist alles wieder gut", sagt Kühne. Die Frau, die so herzlich über das ganz normale Leben spricht und damit die Massen begeistern kann, kann wieder lustig sein. Seit dem 3. Januar steht sie wieder jedes Wochenende auf der Bühne. "An guten Wochenenden sind das schon einmal 15 bis 20 Auftritte", sagt Kühne. Immer mit dabei: Ihr Mann Ralf. Manchmal auch Sohn Sven, der im Januar eine Ausbildung zum Bürokaufmann in Reken im Münsterland begonnen hat.

(RP)
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