Geldern Drogen-Oma zum Start in die Theater-Saison

Geldern · Mit "Paulette - Oma zieht durch" mit Diana Körner in der Hauptrolle eröffnete das Gelderner Kulturbüro sein Programm.

"Ich habe mein Leben lang geschuftet und jetzt habe ich die Schnauze voll!" Oma Paulette (Diana Körner) hat genug, denn nicht nur hat sie ihr Restaurant verloren, sondern sie hat auch noch mit der Altersarmut zu kämpfen. Da kommt es ihr ganz recht, dass ein Drogenhändler um die Ecke wohnt. Denn wenn sie nicht auf die normale Weise Geld verdienen kann, dann versucht sie sich eben im Verkauf von Cannabis. Dass ihr Schwiegersohn (Hans-Jürgen Helsig) ein Polizist ist, ist dabei noch das kleinste ihrer Probleme. Das Theaterstück "Paulette" basiert auf dem gleichnamigen französischen Kinofilm von 2012. Der Titelzusatz "Oma zieht durch" zeigt zwar die grobe Richtung an, in die das Werk geht, doch die Geschichte hat noch so viel mehr zu bieten als reine Drogen- und Kiffer-Scherze. "Schon mal was von Demografie gehört? Die Alten sind im Anmarsch!", meint Drogenhändler Vito (Johannes Pfeifer), und ein wichtiges Element von Oma Paulettes Abenteuer ist ihr Kampf mit dem Älterwerden. Doch damit nicht genug, denn sie ist auch noch eine ziemlich rassistische alte Dame, die nie nette Worte übrig hat für ihren schwarzen Schwiegersohn und erst recht keine für ihren Enkel Leo (Sandrino Herrklotsch). Dabei gibt ihr Priester (Hans-Jürgen Helsig) ihr zu bedenken: "Hass und Zorn waren schon immer schlechte Ratgeber."

Die Inszenierung des "Agon"-Theaters aus München ist sehr schön gelungen. Regisseur Thomas Donndorf schafft es problemlos, das Geschehen der Kinofilm-Vorlage auf die knappen Beschränkungen einer Bühne zu komprimieren, ohne dass dabei das Gefühl aufkommt, dass hier aufgrund der Adaption Abstriche gemacht würden. Oftmals wirkt die Geschichte mit ihren gut aufgelegten Darstellern in der Bühnenfassung von Anna Bechstein sogar fokussierter als bei der Filmvariante. Dazu kommt das inspirierte Bühnenbild von Claudia Weinhart. Es gibt zwei große Container, die von außen mit Graffiti bemalt sind und so die verkommene Wohngegend illustrieren, in der das Stück spielt. Die beiden Container klappen auf und geben den Blick auf die Wohnungen von Paulette und Drogenhändler Vito frei, einzelne Seitenwände können herausgenommen oder teilweise ausgeklappt werden, um Fenster oder andere Öffnungen zu simulieren. Mit "Paulette - Oma zieht durch" startete das Gelderner Kulturbüro in seine neue Saison und sorgte wieder für eine fast ausverkaufte Lise-Meitner-Aula. Die Resonanz war ebenfalls gut, denn besonders die unverkrampfte Art, mit der Themen wie Rassismus, Altersarmut und Drogenhandel angegangen wurden, gefiel den meisten Zuschauern. "Das Stück hatte so eine spielerische Leichtigkeit", lobte Frank Brauers. "Da merkt man irgendwie schon, dass es von den Franzosen kommt. Deutsche würden solche Themen wahrscheinlich nicht so locker anpacken und hätten sich wohl viel mehr zurückgehalten. Aber gerade deshalb war das Ganze so erfrischend."

(cnk)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort