Geldern Ein neues Zuhause für Sofia

Geldern · Nach dem Aufruf in der RP meldeten sich vier Vermieter, damit Familie Zaman genügend Platz mit ihrem jüngsten Familienmitglied hat. Ehrenamtlerin Inge Giesen freut es doppelt. Auch anderen Familien kann so geholfen werden.

 Von der Flucht zur Familienidylle: Sofia und Sabria Zaman, Übersetzerin Najla Noori, Inge Giesen sowie Wahid Zaman mit Sohn Yousef.

Von der Flucht zur Familienidylle: Sofia und Sabria Zaman, Übersetzerin Najla Noori, Inge Giesen sowie Wahid Zaman mit Sohn Yousef.

Foto: Gerhard Seybert

Langsam und vorsichtig bewegt sich die Veerterin auf das Kinderbett und wirft einen Blick hinein. "Guckt euch mal diesen Engel an", flüstert sie und meint das Baby, das friedlich lächelnd darin schlummert. Baby Sofia war der Auslöser, dass Inge Giesen sich einmal mehr auf den Weg gemacht hat, um einer Familie zu helfen.

"Uns geht es in der Hauptsache um die Kinder, die haben unsere Herzen im Sturm erobert", sagt sie über ihr Engagement für Flüchtlinge gemeinsam mit ihrem Mann Norbert. Natürlich gehe es auch um die Eltern. Das sind bei der kleinen Sofia Wahid und Sabria Zaman. Die Zamans sind aus Afghanistan geflohen, weil sie Christen sind. Gemeinsam mit ihrem dreijährigen Sohn Yousef lebten sie in Geldern in der Flüchtlingsunterkunft an der Walbecker Straße. Mutter Sabria war hochschwanger, als Inge Giesen sie kennenlernte. "In der Walbecker Straße war alles gut, keiner aus der Familie hat sich beschwert, aber es herrschte einfach Raumnot", beschreibt Giesen den Grund für den Umzug. "Wir konnten dort nicht noch ein zweites Kinderbett unterbringen." Das Kinderbett für Sofia. Mitte April startete Inge Giesen den Aufruf in der RP, mit Erfolg. Vier Vermieter meldeten sich. "Der Knaller" sagt die Ehrenamtlerin über die Wohnung, in der die vierköpfige Familie nun nun wohnt. Vom Flur geht es ins Schlafzimmer, es gibt eine Küche und ein großes Wohnzimmer.

"Der Knaller", sagt Inge Giesen, weil Familie Zaman in eine möblierte Wohnung ziehen konnte. Von dem Wohnzimmertisch bis zur Zimmerpflanze konnte alles übernommen werden. Die Vorgängerin, eine 94-jährige Dame, zog ins Wohnheim. "So wurde allen geholfen", nennt Giesen die Win-win-Situation. Die Wohnung musste nicht ausgeräumt werden, und Familie Zaman konnte nach der Geburt der kleinen Sofia sofort in ein echtes Zuhause ziehen. In die drei anderen Wohnungen, die angeboten wurden, ziehen andere Flüchtlingsfamilien. "Für die Vermieter ist das ein Gewinn", sagt Inge Giesen. Die Miete bezahlt die Stadt. Da gebe es eine Tabelle, innerhalb der man sich bewegen müsse. Aber Inge Giesen lenkt den Blick auch auf das Zwischenmenschliche. "Wer möchte, kann auch Oma und Opa werden", sagt sie. Für sie ist es selbstverständlich, dass sie Yousefs und Sofias Oma ist. "Es ist aber nicht so, als ob ich nicht eine eigene Familie habe", sagt die Veerterin lachend.

Aber dennoch sind ihr ihre Flüchtlinge ans Herz gewachsen. "Es könnten ruhig ein paar mehr sein, die mitmachen", wirbt sie für die Flüchtlingsarbeit. Ihr Eindruck: Die Willkommenskultur habe nachgelassen, der Wind habe sich gedreht. Aber ohne Engagement keine Integration. "Ohne Paten wird es schwer. Allein der ganze Papierkram, der füllt Bände", sagt Inge Giesen und zieht einen dicken Ordner hervor.

Der Grund für ihr Engagement, den erzählt sie fast nebenbei, man muss schon genau zuhören. "Mein Mann und ich sind Kriegskinder. Wir wissen, was Armut ist ", sagt die 73-Jährige.

Wie es für die Familie Zaman weitergeht, übersetzt die 20-Jährige Najla Noori. Sie kommt ursprünglich auch aus Afghanistan, ist Teil einer sechsköpfigen Familie, um die sich Inge und Norbert Giesen ebenfalls kümmern. Yousef kommt im August in den Kindergarten, Mutter Sabria und Vater Wahid besuchen den Deutschkursus. Der Vater möchte gerne arbeiten. "Er hat als Schweißer und Schreiner gearbeitet", zählt Inge Giesen auf, was Wahid Zaman kann. Sie weiß, dass Arbeit finden sein größter Wunsch ist. Wahid Zaman nimmt Inge Giesen fest in den Arm. "Das ist meine Mutter", sagt er, und es klingt überhaupt nicht kitschig. Im Eichenholzwohnzimmerschrank steht ein Foto von Yousef, auf dem Eichenbord über dem Kinderbett von Sofia haben zahlreiche Kuscheltiere Platz genommen. Diese Flüchtlingsfamilie ist angekommen.

(RP)
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