Geldern Einzelhandel: 1-B-Lagen verlieren enorm

Geldern · Symposium zu "Internethandel und Innenstadtverödung" mit Vertretern der Wirtschaftsförderungen und Stadtmarketing-Gesellschaften in der Hochschule Rhein-Waal. Studien zu Einkaufsverhalten und Lebenqualität.

 Blick in die mit Menschen gefüllte Fußgängerzone der Kreisstadt Kleve. Von Innenstadtverödung kann hier keine Rede sein.

Blick in die mit Menschen gefüllte Fußgängerzone der Kreisstadt Kleve. Von Innenstadtverödung kann hier keine Rede sein.

Foto: Stade

Kleve Der traditionelle Handel wird in den Innenstädten nur Bestand haben, wenn er sich weiterentwickelt. Da dürfe auch die Wirtschaftsförderung unterstützend eingreifen, zog Professor Gregor van der Beek von der Hochschule Rhein-Waal (HSRW) am Ende des Symposiums "Internethandel und Innenstadtverödung" in der Hochschule Rhein-Waal ein Fazit, das dem Handel in der Innenstadt durchaus eine Zukunft einräumt.

"Internet-Händler haben nicht immer das bessere Geschäftsmodell, auch dann nicht, wenn sie auf ihren Märkten erfolgreich sind. Denn bisweilen sind sie deshalb erfolgreich, weil es ihnen gelingt, Kosten auf andere und speziell auf die lokalen Einzelhändler abzuwälzen. Beispielsweise die Kosten für Produktinformation und Beratung der Kunden", konstatierte van der Beek.

Galt mit dem Aufkommen der Zentren auf der grünen Wiese der Kofferraum des Pkw als City-Killer, so sei es jetzt der Einkaufskorb des Onlinehandels, heißt es im Fazit zum Symposium. Immer mehr Kunden würden die bequeme Art des Online-Shoppings gegenüber einem Einkauf in der Innenstadt oder einem Einkaufszentrum bevorzugen. Eine Entwicklung, die den Einzelhandel in allen Städten zunehmend unter Druck setzt.

"Mit dem Niedergang des Einkaufsbummels durch belebte Innenstädte droht vieles verloren zu gehen: Das Sich-Treiben-Lassen, die Begegnungen mit Menschen, die haptische Produkterfahrung oder das Gespräch mit dem Händler vor Ort", sagte Jakob Lempp, Dekan der Fakultät Gesellschaft und Ökonomie an der HSRW zur Eröffnung des Symposiums. Wie Kommunen auf diese Herausforderung reagieren können und wie sie trotzdem Kunden in ihre Innenstädte locken können, war Thema des Symposiums.

Organisiert wurde das Symposium vom Direktor des Instituts für Kommunal- und Verwaltungswissenschaften, Bernd Lindenberg. Karl Jasper, Leitender Ministerialrat im NRW-Landes-Bau-Ministerium, ging in seinem Vortrag auf die Rolle der Städtebauförderung zur Stärkung von Innenstädten ein. Es ging zudem um Ansätze verschiedener Kommunen, ebenfalls Internetplattformen für ihre Städte zur Verfügung zu stellen.

Zu leiden haben vor allem Randlagen: "Gute Lagen gewinnen an Bedeutung, wie im gleichen Zuge die 1-B-Lagen enorm verlieren", sagte Rainer Gallus, Geschäftsführer des Handelsverbandes NRW in Düsseldorf. Städte müssten also auch den Mut haben, hieß es später in der Diskussion, Geschäftslokale in solchen Lagen zurückzubauen, bevor sie zum Schandfleck werden. In der Abschlussdiskussion wurde auch deutlich, dass die Händler die Herausforderung in der Konkurrenz mit dem Internethandel annehmen müssen: "Am Ende müssen die Einzelhändler handeln", sagte Norbert Wilder von der Wirtschaftsförderung des Kreises Kleve. Die Wirtschaftsförderung habe eher eine "anstoßende" Funktion, wozu sie aber Ansprechpartner beim Handel brauche.

Auch hier sah das Symposium ein Problem: Oft müssen Bürgermeister oder Ex-Bürgermeister Posten bei Einzelhandelsorganisationen wie Werberingen in den Kommunen übernehmen, weil im Einzelhandel keiner mehr da sei, der das mache, hieß es. Zudem sei es wichtig, in Regionen zu denken, über den eigenen Kirchturm hinweg Leuchttürme zu errichten, die in eben diese Region ziehen. Dazu müssten die Händler aber an einen Tisch. So, wie die Touristiker es bereits vormachen, sagte Ute Marks vom Kleve-Marketing.

Stadtmarketing und Stadtplanung sollten besser verzahnt sein: der Einkauf müsse als Erlebnis empfunden werden, wozu inzwischen nicht nur die Geschäftslokale zählen. Wichtig seien ebenso weiche Faktoren, sagte der Neusser Wirtschaftsförderer: Wie in seinem Beispiel das Museum in der Raketenstation, Schloss Dyck, die touristische Erschließung der Landschaft: Wer sich aufgrund der weichen Standortfaktoren und einer guten Städteplanung in der Stadt wohlfühlt, der habe auch ein Interesse am dortigen Kaufhof - wenn der denn die richtigen Angebote macht. Letztlich sei es wichtig, immer zu fragen, was ist Magnet, was ist zentrumsrelevant, was zieht wirklich die Menschen in die Stadt. Also Daten zu sammeln, um den Zusammenhang von Einkaufsverhalten und Lebensqualität zu verstehen und entsprechend zu handeln, so Gallus.

(RP)
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